Ob beim morgendlichen Tee trinken, mit einem Erfrischungsgetränk unterwegs, oder einem Glas Wein zum Abendessen – wir konsumieren täglich Getränke verschiedenster Art. Dabei sind viele Bereiche der herkömmlichen Getränkeproduktion schädlich für uns und unsere Umwelt. Aber wie kann eigentlich eine Getränkeherstellung aussehen, die statt Schaden anzurichten Mehrwerte schafft? Um diese Frage zu beantworten, schauen wir uns die verschiedenen Abschnitte der Getränkeproduktion an und begleiten dabei ein Getränk – vom Ackerbau bis in den Supermarkt.
Der Anbau von Zutaten mit konventionellen Bewirtschaftungssystemen beschleunigt Bodenverlust und den Rückgang der Biodiversität, Einwegflaschen tragen zum weltweiten Plastikmüllproblem bei und lange, CO₂-lastige Transportwege beschleunigen den Klimawandel. Aus diesen Gründen benötigen wir wirklich nachhaltige Produktionsprozesse – wie zum Beispiel eine Getränkeproduktion, die sich vom Cradle to Cradle-Gedanken inspirieren lässt.
Konventionelle Landwirtschaft
Weintraube, Kaffeebohne oder Zitrone – die Zutaten unseres C2C-inspirierten Getränks müssen erst einmal angebaut werden, bevor wir sie verarbeiten können. Schon bei diesem ersten Schritt zeigt sich, was für Auswirkungen verschiedene Anbaumethoden auf unsere Umwelt haben können. Die konventionelle Landwirtschaft beschleunigt durch den hohen Ausstoß klimaschädlicher Treibhausgase den Klimawandel und macht deutschlandweit ca. 8% der Treibhausgas-Emissionen aus. Dabei handelt es sich nicht nur um Emissionen aus der Viehhaltung. Durch Humifizierungsprozesse wird Kohlenstoff eigentlich langfristig im Boden eingebaut, was ihn noch vor Wäldern und Meeren zum wichtigsten Kohlenstoffspeicher macht – dieser Kohlenstoff wird bei intensiver Nutzung durch konventionelle Landwirtschaft aber freigesetzt. Außerdem werden häufig große Waldflächen für eine landwirtschaftliche Nutzung gerodet, wodurch weitere Kohlenstoffsenken verloren gehen und zusätzliches CO₂ freigesetzt wird.
Darüber hinaus werden bei der konventionellen Landwirtschaft zu oft Ressourcen verschwendet, anstatt sie im Kreislauf zu führen. Durch Monokulturen und intensiven Anbau werden den Böden wertvolle Ressourcen entnommen, ohne dass diese wieder zurückgegeben werden. Der wiederholte Anbau der gleichen Pflanzenart begünstigt Schädlingsbefall, weshalb die Nutzung von giftigen Pestiziden notwendig wird. Bei intensivem Anbau werden zudem schwere Gerätschaften eingesetzt, welche den Boden pressen und damit verdichten. Das hat zur Folge, dass der Sauerstoffgehalt sinkt, was zu weniger Bodenorganismen und damit auch weniger Nährstoffgehalt im Boden führt. Außerdem kann Wasser weniger gut einsickern und gespeichert werden, was wiederum Ernteverluste wahrscheinlicher macht. Das hat nicht nur gravierende Folgen für die Biodiversität, sondern führt auch zu Bodenverlust durch Erosion. Diese Bodenerosion wird beschleunigt, indem durch Überweidung, Entwaldung und Übernutzung mehr Boden abgetragen als aufgebaut wird – die konventionelle Landwirtschaft und die damit verbundene intensive Bewirtschaftung schadet sich also langfristig selbst. Für eine zukunftsfähige Nahrungsmittel- und Getränkeproduktion und unser kreislauffähiges Getränk brauchen wir deshalb einen anderen Ansatz.

Regenerative Landwirtschaft
Mit einer regenerativen Landwirtschaft kann nicht nur einseitige Ausschöpfung verhindert werden, sondern ein aktiver Bodenaufbau gefördert werden: Das Ökosystem wird gestärkt, während alle verwendeten Stoffe in Kreisläufen gehalten werden. Ein Beispiel ist der Rohstoff Phosphor, der weltweit tonnenweise als Düngemittel eingesetzt wird, um das Pflanzenwachstum zu begünstigen. Da über 80% der Phosphorreserven in Afrika und insbesondere Marokko liegen, wird es dort in Bergwerken abgebaut und anschließend ins Ausland exportiert. Das bedeutet nicht nur weite und klimaschädliche Transportwege, sondern auch ein verschwenderisches Ressourcenmanagement. Phosphat lässt sich nämlich hochkonzentriert in Urin finden – man kann es also mithilfe technischer Verfahren aus Klärschlamm zurückgewinnen, statt es wiederholt zu importieren. So kann eine Kreislaufführung von Rohstoffen ressourcenarme Länder wie Deutschland weniger abhängig von Importen machen.
Darüber hinaus wird in der regenerativen Landwirtschaft auf die Nutzung von chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmitteln und Kunstdünger verzichtet, da Pflanzenschutzmittel nicht nur gegen Schädlinge toxisch wirken, sondern auch andere Pflanzen oder Tiere angreifen und letztendlich wie auch Dünger durch Versickerung ins Grundwasser gelangen können. Im Gegenzug wird die Biodiversität durch Permakultur und Fruchtwechsel gefördert. Sinnvoll gestaltete Fruchtfolgen können durch den wechselnden Anbau unterschiedlicher Pflanzen eine natürliche Humusbildung fördern und der Erschöpfung der im Boden enthaltenen Nährstoffe vorbeugen. Auch werden eine natürliche Schädlingskontrolle und die Bestäubung von Insekten begünstigt.
Die Grundzutaten unseres Getränks wie Kaffee oder Tee sollten also mit einer regenerativen Landwirtschaft angebaut werden, bei der die Böden wieder mit genutzten Nährstoffen angereichert werden und dazu auch CO² binden. Außerdem wird mit weniger tiefgreifenden Ackerbautechniken gearbeitet, damit der Boden weniger austrocknet, während ihn eine vielfältige Begrünung mit Nährstoffen versorgt und vitalisiert. Die obere Bodenschicht besitzt durch ihre Fülle organischer Substanzen ein breites Spektrum an mikrobiologischem Leben, was die Wasseraufnahme begünstigt und Nährstoffe wie Kalium, Phosphat und Stickstoff für die Pflanzen zugänglich macht. Allerdings gibt es keine einheitliche Lösung, die sich überall umsetzen lässt – individuelle Strategien basierend auf der Beschaffenheit des jeweiligen Standorts sind notwendig.

Ohne Wasser geht nichts
Eins dürfen wir bei unserem Getränk nicht vergessen: Ein weiteres wichtiges Kriterium ist ein zirkuläres Wassermanagement beim Anbau und der Produktion der Getränkezutaten. Das bedeutet, dass Wasser als die wichtigste endliche Ressource in Kreisläufen gehalten wird. Weltweit gehen etwa 70% des Süßwasserverbrauchs auf die Landwirtschaft zurück. Tee, Wein, Bier und insbesondere Kaffee haben beim Anbau ihrer Zutaten einen erheblichen Wasserverbrauch. So werden für eine Tasse Kaffee im Durchschnitt 130 Liter Wasser benötigt, während für ein Glas Wein in etwa 110 Liter Wasser verbraucht werden. Aus diesem Grund ist es besonders wichtig, dass das Ziel des Wassermanagements über eine reine Reduktion des Wasserverbrauchs hinausgeht, und stattdessen eine Kreislaufführung angesteuert wird, bei der möglichst kein wertvolles Wasser verloren geht. Das ist nicht nur durch effiziente Bewässerungssysteme möglich: Eine regenerative Bewirtschaftung trägt dazu bei, dass der Boden seine natürliche Fähigkeit als Wasserspeicher beibehält und somit als Reservoir seinen Teil zum Wasserkreislauf beiträgt. Genauso wichtig ist, dass das Wasser nicht verschmutzt wird. Die Landwirtschaft spielt eine große Rolle in der Eutrophierung von Gewässern, bei der durch übermäßige Düngung ein Überschuss an Nährstoffen wie Stickstoff und Phosphor ins Wasser gelangt, die Wasserqualität verschlechtert und Ökosysteme gefährdet. Momentan sind etwa 80% der marinen Ökosysteme von Eutrophierung betroffen. Das entspricht nicht einer Wassernutzung nach Cradle to Cradle, bei der das Wasser gar nicht erst verschmutzt und im besten Fall sogar durch Reinigungsanlagen gesäubert wird. Aber genug zum Thema Landwirtschaft – unsere Getränkezutaten sind geerntet und bereit für den nächsten wichtigen Schritt: die Verpackung.
Verpackung kann gesund sein
Verpackungen sind in der Getränkeindustrie unverzichtbar – eine reine Verzichtstrategie nach Zero Waste ist also ausgeschlossen, da sich Flüssigkeiten ohne Behältnisse schlecht transportieren lassen. Allerdings spielt
beim Thema Verpackung die Materialgesundheit eine große Rolle. Das bedeutet, dass keine schädlichen Materialien für Mensch und Umwelt benutzt werden. Lebensmittelverpackungen kommen in direkten Kontakt mit unserer Nahrung, weshalb ein gesundes Material besonders wichtig ist. Bei Plastikverpackungen besteht das Risiko, dass durch Abrieb kleine Mengen an Mikroplastik in den Körper gelangen. Dies gilt auch für Plastikflaschen. Neben materialgesunden und recycelbaren Plastikflaschen sind Glasflaschen eine kreislauffähige und gesunde Option, da sie ohne Materialverlust recycelt werden können und keine gesundheitlichen Schäden mit sich bringen. So gibt es mittlerweile auch Glasflaschen, die Cradle to Cradle-Kriterien entsprechen. Bei einer kreislauffähigen Verpackung zählt aber jeder einzelne Bestandteil. Am besten hat ein Getränk also neben einer recycelbaren Flasche und einem wiederverwendbaren Deckel auch biologisch abbaubare Etiketten, die mit schadstofffreiem Klebstoff befestigt und mit unbedenklichen Druckfarben beschriftet sind. Pfand- und Rücknahmesysteme können zudem weiter zur Kreislaufführung der Flaschen und Verpackungen beitragen.

Der letzte Halt
Unser Getränk ist zubereitet und wird nun abgefüllt, bevor es eine möglicherweise internationale Reise antritt. Gerade bei der Abfüllung von Getränken und der Reinigung von Glasflaschen wird viel Wasser eingesetzt. Um auch hier kein Wasser zu verschwenden, müssen Kreisläufe geschlossen werden. Das bedeutet nicht nur, dass Getränkehersteller das Wasser nach einem Spülvorgang auffangen und wiederverwenden sollten, sondern lässt auch Raum für kreative Ansätze, die darüber hinausgehen. Eine Fabrik könnte zum Beispiel so gestaltet werden, dass Dach und Fassaden begrünt sind, sterilisiertes Regenwasser zum Auswaschen der Produktionsanlagen verwendet wird und anschließend als Gießwasser für die benachbarte Landwirtschaft dienen kann.
Ein wichtiges Merkmal einer Getränkeproduktion, die dem C2C-Gedanken folgt, ist die soziale Gerechtigkeit, also eine ethische Geschäftspraxis aller Beteiligten, entlang der gesamten Lieferkette – das beinhaltet auch Umweltbewusstsein, faire Bezahlung und menschenwürdige Arbeitsumstände. Neben einer langfristigen und partnerschaftlichen Zusammenarbeit mit Lieferanten zeigt sich so eine Praxis beispielsweise darin, Kleinbauern im Ausland bei Bio-Zertifizierungsprozessen zu unterstützen, damit sie für ihre Bio-Produkte wie Kaffee oder Tee besser bezahlt werden. Beim Transport, wie auch während des Produktionsprozesses zuvor, ist der Einsatz von erneuerbaren Energiequellen entscheidend. Um der Rohstoff- und Klimakrise entgegenzuwirken, sollte zukunftsfähige und erneuerbare Energie verwendet werden, die mit kreislauffähigen Anlagen produziert wird. Absolute Klimaneutralität oder gar -positivität bei weiten Transportwegen wie im Flugverkehr ist heutzutage noch nicht realistisch, da sich CO₂-Emissionen nicht vollkommen vermeiden lassen. Bei regionalem Transport gibt es mit Elektrofahrzeugen und Lastenfahrrädern aber klimafreundlichere Alternativen. So landet das Getränk schließlich in Deinem lokalen Supermarkt.
Wie schmeckt Cradle to Cradle?
Nun zur wichtigsten Frage: Gibt es denn schon Getränkehersteller, die solche Anforderungen erfüllen? Tatsächlich gibt es schon einige Produzenten, die den C2C-Gedanken mit ihren Produkten umsetzen. So ist es auch im Weinbau: Europaweit gibt es mehr und mehr Weinhersteller, die mit biologischen Anbaumethoden arbeiten, bei denen Artenschutz und Bodenpflege im Vordergrund stehen. Der Weinhändler Delinat bezieht seine Ware beispielsweise nur von Lieferanten, die solche strengen Bio-Richtlinien erfüllen. Verpackungen für Kaffee und Tee, die oft in trockener Form transportiert werden, lassen sich auf unterschiedlichste Weise biologisch abbaubar oder wiederverwendbar gestalten. Lebensbaum zum Beispiel produziert Teeschachteln aus Holzfrischfasern, nutzt mineralölfreie Druckfarben und Teebeutel-Papier aus Faserbananen und Bio-Baumwollfaden – die Verpackungsmaterialien sind also komplett recycelbar. Selbst das Plastik um die Teeschachteln ist auf Zellulosebasis und somit im Hauskompost zersetzbar. Keine Sorge – auch in der Bierbrauerei gibt es Beispiele dafür, wie der Cradle to Cradle-Gedanke in der Produktion umgesetzt werden kann. Das zeigte der Brauereikonzern Carlsberg, als er eine gesunde Druckfarbe entwickelte, damit seine Etiketten ohne problematische Stoffe recycelt werden können. Die Bierbrauerei Knärzje wiederum geht auf kreative Art und Weise gegen Lebensmittelverschwendung vor, indem bis zu einem Drittel des Braumalzes mit Bio-Brot ersetzt wird, das vor der Tonne gerettet wird. Auch als breit verkaufte Marke kann man Biodiversität und regionalen Ökolandbau unterstützen. So macht es zum Beispiel auch Bionade, indem Zutaten aus biologischem Anbau für die Erfrischungsgetränke verwendet werden.
Mit Getränken, die von der Produktion bis zum Verzehr Mehrwerte schaffen, können wir nicht nur unserem Körper, sondern auch unserer Umwelt etwas Gutes tun – zum Wohl!