Im Gespräch mit Thomas Fuhr, Leader Fittings LIXIL International und Co-CEO Grohe AG, über die Herausforderung ein Unternehmen nach C2C auszurichten.
Wie ist Grohe dazu gekommen C2C- Produkte herzustellen?
Seit über 20 Jahren ist Nachhaltigkeit ein wesentliches Element der Unternehmensstrategie von Grohe. Mit Abfall-Recyclingraten von 99 Prozent und einem Recyclinganteil im Messing von bis zu 80 Prozent nähert sich Grohe seit Jahren schrittweise der Kreislaufwirtschaft an. Den Schritt weg von einem linearen Modell hin zu einer zirkulären Wertschöpfungskette im Rahmen des Produktlebenszyklus war für uns ein logischer nächster Schritt.
Sie schreiben, dass Ihrem Forschungslabor in Hemer eine besondere Bedeutung bei der Entwicklung von C2C- Produkten zugekommen ist. Können Sie das erläutern?
Das Team des Hemeraner Forschungslabor hat auf dem Weg zu den ersten C2C-Certified-Produkten von Beginn an maßgeblich mitgewirkt. Im Rahmen der Materialgesundheitsanalyse wurden alle Komponenten und Inhaltsstoffe der Produkte bewertet. Die dabei gewonnenen Erkenntnisse können zukünftig für Produktentwicklungen genutzt werden. Darüber hinaus haben wir die Produkte mit einem direkt erlebbaren Nachhaltigkeits-Nutzen ausgestattet. Die Waschtisch-Armaturen wurden mit der sogenannten Grohe Silk-Move ES Technologie ausgestattet. „ES“ steht hierbei für Energy Saving. Der Clou: Die Technologie verhindert den unnötigen Verbrauch von heißem Wasser, indem sie bei mittlerer Hebelstellung der Armatur nur kaltes Wasser liefert. Auf diese Weise kann die Technologie dazu beitragen, den CO2-Ausstoß eines Gebäudes zu reduzieren – besonders wichtig angesichts der Tatsache, dass die Kohlenstoffemissionen von Gebäuden und im Bauwesen fast 40 Prozent der globalen Kohlenstoffemissionen ausmachen.
Wie kommt man von einem Produkt zur Umstellung der gesamten Produktion? Welche Voraussetzungen müssen dafür bei einem Unternehmen wie Grohe erfüllt sein?
Der Weg hin zu einer zirkulären Wertschöpfung ist eine lange Reise und wir stehen ganz am Anfang. Wir werden unser C2C-Portfolio schrittweise ausbauen und sind bereits dabei, weitere Produkte zu identifizieren. Unsere Vision ist, unser gesamtes Produktprogramm zu transformieren.
Welchen Herausforderungen muss Grohe sich kurz-, mittel- und langfristig bezogen auf C2C noch stellen?
Eine grundsätzliche Herausforderung, die wir sehen, ist die Zögerlichkeit mit der sich Themen wie zirkuläre Wertschöpfung genähert wird. Wir bei Grohe haben eine Macher-Mentalität und setzen Pläne in die Tat um. So auch hier: Unsere Ressourcen sind nicht endlich, wir müssen heute starten, um den Überverbrauch natürlicher Ressourcen abzuwenden. Hierfür muss der zirkuläre Gedanke, vor allen Dingen im Bauwesen, schneller durchdringen. Wir sind davon überzeugt, dass unsere Städte und Gebäude von morgen zirkulär sein werden, doch leider fehlt, auch aufgrund fehlender Gesetze, die Geschwindigkeit.

Was würde Ihnen helfen, das ganze Unternehmen auf C2C umzustellen?
Damit zukünftig ein Wechsel vom klassischen „Take-Make-Waste“-Modell hin zu einer zirkulären Wertschöpfung möglich wird, brauchen wir andere Rahmenbedingungen. So fehlt in Deutschland eine klar definierte Kreislaufstrategie, die entsprechende Ziele vorgibt. Unsere holländischen Nachbarn zeigen, dass es möglich ist: In den Niederlanden sollen bis 2030 nur noch halb so viele Rohstoffe verbraucht und bis 2050 eine komplette Kreislaufwirtschaft erzielt werden. Der Bausektor ist für mehr als 50 Prozent des weltweiten Materialverbrauchs verantwortlich, die Implementierung von Wiederverwertungsstrategien für Baustoffe muss daher zügig umgesetzt werden.
Sie planen derzeit ein eigenes Rücknahmesystem. Was bedeutet das für Grohe – auch in Bezug auf die Skalierbarkeit von C2C?
Armaturen haben in der Regel einen langen Lebenszyklus, dennoch befassen wir uns bereits heute mit dem Rücknahmeprozess ausrangierter C2C-Produkte. Ein internes Projektteam plant die notwendige Infrastruktur sowie die erforderlichen Prozesse. Darüber hinaus möchten wir als Impulsgeber für die gesamte Branche dienen. Wir hoffen, dass weitere Unternehmen dem C2C-Prinzip folgen werden. So ließen sich künftig gemeinsam Lösungsansätze zu Themen wie Rücknahmekonzepte von End-Of-Life-Produkten vorantreiben.
Dieser Artikel erschien erstmals im Printmagazin NÄHRSTOFF #5