Bela B ist das wahrscheinlich bekannteste Mitglied in unserem Beirat. Dass der Künstler nicht nur sein Gesicht für unsere NGO hergibt, sondern sich wirklich mit Cradle to Cradle beschäftigt und von dem Konzept begeistert ist, zeigte sich im LAB Talk. Darin sprach er mit Tim unter anderem über Nachhaltigkeit in der Musikindustrie und was Bier und der Gestank neuer T-Shirts damit zu tun haben.
Seit 2018 ist Bela B – stehender Schlagzeuger von Die Ärzte, Schauspieler und Autor – Mitglied in unserem Beirat. “Wenn du bekannt bist, hast du die Verantwortung, gute Ideen, von denen du überzeugt bist, nach außen zu tragen. Und das ist bei Cradle to Cradle bei mir der Fall”, begründete Bela im LAB Talk am 7. Mai seine Entscheidung, ehrenamtlich bei uns im Beirat mitzumachen. Mit Cradle to Cradle sei er erstmals in Berührung gekommen, als er auf YouTube über einen Vortrag von C2C-Vordenker Michael Braungart gestolpert sei. Beim Anschauen sei ihm bewusst geworden: “Das ist eine positive Bewegung, die so viele Antworten auf all die Fragen hat, die ich mir manchmal stelle: Wo kommt eigentlich her, was wir essen? Und warum stinkt das neue T-Shirt, das so schön aussieht?” Es müsse uns als Gesellschaft darum gehen, die Erde zu erhalten. “Und C2C bietet mit dem positiven Fußabdruck den richtigen Ansatz dafür”, so Bela.
Von der klimaneutralen Tour zur Landwirtschaft
Wie aber kann die Musikindustrie dazu beitragen, die Welt nach Cradle to Cradle zu gestalten? Richtig mit Ressourcen umzugehen und so Müll zu einem überflüssigen Konzept werden zu lassen? Ansätze gebe es da genügend, erzählte Bela. Beispielsweise klimaneutrale Tourneen, bei denen die Band Kompensationsleistungen für die eigenen CO2-Emissionen, zum Beispiel der Tourbusse, und die des Publikums erbringe. Ähnlich, wie die CO2-Emissionen von Flügen kompensiert werden können. Gemeinsam mit den Toten Hosen seien die Ärzte hier schon vor rund 15 Jahren aktiv geworden. Das könne man zwar als Ablasshandel bezeichnen, so Bela, aber “dann können wir Konzerte künftig nur noch Online machen”. Für ihn sei das keine Lösung – und auch für seine Band nicht, die zwar ein paar Prinzipien habe (keine Werbung machen und nicht mit der Bild-Zeitung reden), ansonsten aber nicht zu jenen gehöre, die immer und überall “dagegen” seien. “Davon gibt es schon genug, wir wollen positiv sein”. Auch das gehöre eben zu Cradle to Cradle.
Tatsächlich unterscheidet sich Cradle to Cradle in genau diesem Punkt wesentlich von anderen Umwelt- und Klimaschutzansätzen, wie Tim im Gespräch klar machte. So verteufeln wir CO2 nicht pauschal, sondern sehen das positive an diesem Stoff. In den natürlichen Kreisläufen der Natur ist Kohlenstoffdioxid ein extrem wichtiger Rohstoff – mit dem wir Menschen nur komplett falsch umgehen. Wir pusten ihn in die Atmosphäre – und belassen ihn auch noch dort. Sinnvoll wäre es dagegen, ihn der Atmosphäre wieder zu entziehen und ihn in unsere Böden einzubringen. Böden mit höherem Kohlenstoffgehalt können mehr Nährstoffe und Wasser speichern und an Pflanzen abgeben – das Ergebnis wären gesündere Böden, und damit eine gesündere Landwirtschaft, sowie bessere Luft für uns Menschen und eine geringere Belastung für das Klima.
Vom Öko-Bandshirt zu CradletoCradle
In Richtung Cradle to Cradle gehe es bei den Ärzten dafür in einem anderen Bereich. Früher hätten sich Bands nicht darum geschert, wo und wie beispielsweise Band-Shirts hergestellt wurden. Die Ärzte hätten sich über die Jahre aber immer mehr damit beschäftigt, “korrekte Ware”, wie Bela es nennt, anzubieten. “Und wenn man am Stand dazu schreibt, dass das Shirt 1,50 Euro mehr kostet, dafür aber klar ist, dass es aus einem nachhaltigen Wertstoff hergestellt wurde und die Leute fair bezahlt wurden, dann wird das verstanden”, so Bela. Und von Bio- und Fairtrade-Shirts kommend, gehe es immer weiter. “Wir arbeiten da jetzt enger mit euch zusammen und versuchen bei den Ärzten über das Merchandise in Richtung Cradle to Cradle zu gehen”, sagte Bela.
Von der komplexen Botschaft zur Erkenntnis
Damit adressierte er auch gleich eine Frage aus dem virtuellen Publikum. Cradle to Cradle ist ein holistischer Ansatz, der die Klima- und Umweltprobleme dieser Welt von verschiedenen Ansatzpunkten aus adressiert. C2C auf einen Satz wie “reduziert den CO2-Ausstoß” oder “haltet die Gewässer sauber” zu verknappen, wird der Sache daher nicht gerecht. Wie also kann jemand wie Bela dazu beitragen, C2C bekannter zu machen? Über die Musik sei das schwierig, räumte Bela ein. Die sei im Bereich Rock und Pop nicht dazu geeignet, komplexe Botschaften zu verpacken. Das dürfe aber nicht davon abhalten, es auf anderem Wege zu versuchen. „Beispielsweise eben über das Merchandising. Bei großen Bands – oder auch großen Sportveranstaltungen – sprechen wir da von einem spürbaren Textilzweig. Und darüber kann so ein Thema in die Masse getragen werden”, ist sich Bela sicher.
Er verstehe sich dabei auch als Botschafter. Auch er habe lange gedacht, T-Shirts, die aus recycelten Plastikflaschen hergestellt wurden, seien besonders “cradelig”. Heute wisse er, dass das Unsinn ist, weil sich die synthetischen Fasern nicht abbauen und damit das Müllproblem nur zeitlich nach hinten verschieben. Tatsächlich tragen die Abriebe synthetischer Fasern aus Textilien, etwa beim Waschen, erheblich zur Verschmutzung der Weltmeere mit Mikroplastik bei. Und die Verschmutzung von Gewässern ist Bela, der sich bei Viva con Agua auch für sauberes Trinkwasser weltweit einsetzt, ein großer Dorn im Auge.
Oft ist es ja so, dass alltäglich Beispiele dabei helfen, solche Zusammenhänge in den Köpfen der Menschen zu verankern. So erklärte Tim, dass in einem Liter Bier schon bis zu 80 synthetische Fasern nachgewiesen werden konnten – und beim Bier, da waren sich Bela und Tim einig, höre ja zumindest in Deutschland für die meisten der Spaß auf.