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EU-LIEFERKETTENGESETZ VERPASST DIE CHANCE, NEBEN KLIMA- AUCH RESSOURCENASPEKTE KONKRET AUFZUGREIFEN
Berlin, 23. Februar 2022
Der heute vorgelegte Vorschlag der EU-Kommission für ein europäisches Lieferkettengesetz geht deutlich weiter als das 2021 verabschiedete Pendant der Bundesregierung. Dass neben sozialen auch umwelt- und ressourcenbezogene Pflichten abgebildet sind, begrüßen wir ausdrücklich. Jedoch wurde die Chance verpasst, die Richtlinie durch konkrete Qualitätsanforderungen nach Cradle to Cradle für Wertschöpfungsketten mit dem politischen Ziel einer geschlossenen Kreislaufwirtschaft zu verknüpfen.
Die niedrigeren Schwellen bei Umsatz und der Zahl der Beschäftigten, ab denen die Richtlinie für EU-Unternehmen greift, sind eine dringend notwendige Verschärfung. Ebenso positiv ist es, dass die Schwelle weiter sinkt, wenn Unternehmen schwerpunktmäßig in besonders kritischen und ressourcenintensiven Branchen tätig sind. Die Haftung – auch auf Managementebene – schließt nun zurecht Verstöße gegen Menschenrechte sowie Umwelt- und Klimastandards entlang der gesamten Lieferkette ein und nicht nur bei direkten Zulieferern. „Trotz der Verschärfungen gegenüber dem deutschen Lieferkettengesetz reicht die EU-Richtlinie in ihrer derzeitigen Form längst nicht aus, um eine wirklich zukunftsfähige europäische Wirtschaft zu gestalten“, kommentiert Tim Janßen, geschäftsführender Vorstand von Cradle to Cradle NGO den Vorschlag.
Und das hat mehrere Gründe: Der Gesetzesvorschlag gilt für lediglich rund 1 % aller Unternehmen in der EU. Das ist viel zu wenig. Zahlreiche KMU, auch wenn sie in riskanten und ressourcenintensiven Branchen tätig sind, werden davon nicht erfasst. Die EU hat es zudem verpasst, das Lieferkettengesetz in direkten Einklang mit dem Circular Economy Action Plan zu bringen. Während große Unternehmen dazu verpflichtet werden die Klimafolgen ihrer Tätigkeit zu analysieren, gilt dies nicht für ihren Umgang mit Ressourcen. Klima- und Ressourcenaspekte müssen jedoch bei der Transformation unserer Wirtschaft gemeinsam gedacht werden. Denn gerade ein anderer Umgang mit Ressourcen entlang der gesamten Wertschöpfungskette kann zu einer geschlossenen Kreislaufwirtschaft mit sozial und ökologisch zukunftsfähigen Lieferketten führen.
Eine solche Kreislaufwirtschaft muss alle Unternehmen einbeziehen. Und sie muss zwingend so wichtige Aspekte wie die Materialgesundheit und Kreislauffähigkeit von Produkten und ihren Materialien beinhalten – unabhängig davon, in welchem Wertschöpfungsschritt sich ein Produkt befindet. Diese Aspekte entsprechen Cradle to Cradle-Kriterien, die aktiv zu einem Ende von Ressourcenvergeudung, Müllentstehung, Umwelt- verschmutzung, Klimaschäden und gesundheitlichen und damit sozialen Risiken in der Produktion und beim Konsum beitragen. Sie kommen in der vorgelegten Richtlinie nicht oder nur unzureichend vor. „Das ist eine verpasste Chance, soziale, ökonomische und ökologische Standards für Wertschöpfungsketten in Einklang mit dem Ziel einer geschlossenen Kreislaufwirtschaft zu bringen. Wir müssen die Definition von Qualität und Wertschöpfung nach Cradle to Cradle dringend in Lieferketten abbilden, um aus wirtschaftlichem Handeln einen Mehrwert für Mensch und Umwelt zu generieren“, ergänzt Nora Sophie Griefahn, geschäftsführende Vorständin von Cradle to Cradle NGO.
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Isabel Gomez
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