Vom 11. bis zum 15. Oktober wurde das C2C LAB wieder zum Studio. Die Herbst-Akademie für und von unseren ehrenamtlich Aktiven stand an. Jeden Tag wurden zwei unterschiedliche Format live aus dem LAB gesendet und das neue get-together Tool „wonder-me“ ermöglichte den Teilnehmenden trotz der digitalen Umgebung einen aktiven Austausch.
Ehrenamtlich Aktive sind immer willkommen, ihre Inhalte und ihr Wissen in die NGO mit einzubringen. Die Herbst-Akademie ist dafür das perfekte Format, denn das gesamte Programm wird nicht nur für unsere rund 800 Aktiven gestaltet, sondern auch maßgeblich von ihnen selbst. Interessierte, die sich noch nicht bei C2C NGO ehrenamtlich engagieren, konnten Teile des Programms im Livestream auf Youtube oder unserer Webseite verfolgen. Die Aktiven konnten sich indes in Zoom aktiv in die Formate einbringen. Wie das gelungen ist, darüber berichten wir in diesem Blog.
Von C2C in der Politik
Bereits der Montag hatte es für die Aktiven und alle Interessierten in sich – denn wir starteten direkt mit einer politischen Diskussion in die Woche. Grundlage dafür war unser Politik–Briefing, das wir anlässlich der Bundestagswahl veröffentlicht haben und durch das wir C2C zu einem Bestandteil der laufenden Koalitionsverhandlungen und der kommenden Legislaturperiode machen wollen. Auch in den Prozess der Erstellung des Briefings hatten sich unsere Ehrenamtlichen mit eingebracht. „Wir müssen jetzt umsteuern! Da reicht das Umdenken längst nicht mehr aus“, leitete unser geschäftsführender Vorstand Tim in das Politik-Briefing ein. Das Politik-Briefing beinhaltet 10 Chancen für eine Kreislaufwirtschaft nach C2C. Es sind Chancen, die es uns ermöglichen würden, eine Wirtschaft aufzubauen, die einen positiven Fußabdruck hinterlässt. Das Briefing selbst findet ihr natürlich ebenfalls auf dieser Webseite.
Begleitet wurde die Veröffentlichung von einer breiten medialen Kampagne, bei der unsere Aktiven ebenfalls durch Fotos und Social Media-Aktivitäten unterstützt haben. Unser Ehrenamtsmanager Gentry rief die Aktiven noch einmal dazu auf, ihren Wahlkreisabgeordneten das Briefing persönlich zu übergeben. „Wir brauchen eine ausgeschlafene Politik, die die Zukunft nicht verschläft“, sagte er. Wie das ganz wunderbar mit einem positiven Ausgang funktioniert, zeigt das Beispiel von Boris aus Chemnitz.
Wie die Chancen für die von uns geforderte Transformation nach der Wahl stehen, besprach unsere geschäftsführende Vorständin Nora mit dem ersten Gast Dieter Janecek. Dieter Janecek ist Bundestagsabgeordneter und Mitglied von Bündnis 90/Die Grünen. „Wir sind dafür angetreten dieses Land zu verändern, und insbesondere beim Thema Kreislaufwirtschaft und Cradle to Cradle Veränderungen herbeizuführen (…) Das wäre ja eine Win-Win-Win-Situation“, äußerte sich Janecek im Sinne des C2C-Konzepts. Er sagte: „Für die nächsten Jahre ist es entscheidend, dass wir nicht nur diese Ziele in der Zukunft aufschreiben, sondern, dass wir jetzt ganz konkret Maßnahmen ergreifen“. Wir setzen nun darauf, dass Janecek sein Verständnis für C2C weiter in seiner Partei hinein trägt.
Von C2C in Kommunen und Normung
Am Dienstag beschäftigten sich die ehrenamtlich Aktiven gemeinsam mit Lena und Lorena aus dem Referat Kommunale Entwicklung, mit der Frage, wie C2C in Kommunen gebracht werden kann. Lorena berichtete „Wenn Kommunen sich entscheiden C2C umzusetzen, kommt die Frage auf, was sie denn konkret machen können.“ Genau dabei unterstützt unser Referat Kommunale Entwicklung.
Zu dieser Fragestellung erstellten die Aktiven einen Ideenkatalog, welchen man den Kommunen bei Interesse vorlegen könnte. Hier wurden Ideen für die unterschiedlichsten Themenfelder gesammelt: Gesunde Nährstoffkreisläufe, Förderung von Vielfalt, erneuerbare Energien, Bau, Mobilität, Politik und Regulierung sowie Partizipation und Öffentlichkeitsarbeit. Dabei entstand ein großes Muralboard mit einer Vielfalt an Ideen, die Lena und Lorena als wichtiger Input dienen. Gleichzeitig geben sie auch den Aktiven gute Anhaltspunkte für ihre ehrenamtliche Arbeit in ihrer Region .
Später am Abend hielten Amelie Leipprand und Benjamin Hein, vom DIN (Deutsches Institut für Normung e.V.), einen Vortrag zum Thema Normung. Leipprand klärte darüber auf, dass es sich bei Normung nicht um Gesetze und Vorschriften handele, sondern um technische Spielregeln. Normung diene zur „Vergleichbarkeit und Genehmigung, zum Wissenstransfer und zum Upscaling“ sagte sie. Sie ging außerdem darauf ein, warum Normung auch bei C2C eine Rolle spielen sollte. Denn wenn C2C in DIN-Normen integriert ist, findet der Ansatz darüber automatisch breiten Eingang in die Industrie. Als Beispiel zeigte Leipprand den kompletten Kreislauf beim Bau eines Gebäudes vor. Darüber könnten auch vorgeschriebene C2C-Kriterien Einzug in die Normung erhalten. „Da macht Normung wirklich Sinn, wenn wir wirklich einen geschlossenen Kreislauf haben wollen“ sagte Leipprand. Für die Einbeziehung von C2C und Circular Economy-Aspekten ist ihr Kollege Benjamin Hein verantwortlich, der kurz Umriss, in welchen Prozessen sich das DIN in diesem Zusammenhang derzeit befindet.
Von C2C an Schulen und Elasthan
Am Mittwoch konnten die Aktiven in zwei ganz unterschiedliche Welten eintauchen. Im ersten Format ging es um C2C und Bildung. Um C2C-Wissen in Bildungseinrichtungen zu vermitteln, sind konkrete Bildungsmaterialien und Methoden gefragt. Dafür ist bei C2C NGO das Referat Bildung verantwortlich. Die ehrenamtlich Aktiven tauschten sich also mit unserem Bildungs-Team Anna und Gianluca über Erfahrungen und neue Ideen, C2C zu einem festen Bestandteil des Schulalltags und der Lehrpläne zu machen, aus. Zum Einstieg vervollständigten die Aktiven 4 Sätze auf einem Muralboard, um sich selbst darüber bewusst zu werden, worin ihre ganz persönliche Motivation liegt, C2C an Schulen zu bringen.
Das zweite Format des Tages wurde vom ehrenamtlichen Bündnis Textil gestaltet. Marlene Kühn, Helga Behrmann und Günter Thyssen aus dem Bündnis berichten über die Problematik von Elasthan in unserer Kleidung. Elasthan biete viel Funktionalität und Flexibilität beim Tragen und komme in fast allen Textilien zum Einsatz, erklärte Helga. Nur leider richten sowohl die weltumspannende Produktion mit ihrer langen Wertschöpfungskette als auch die Überbleibsel eines „durchgetragenen“ Kleidungsstücks großen Schaden in der Umwelt an. Hier geht es um Transportwege, Arbeitsbedingungen und Gifte, die in unsere Umwelt gelangen, aber auch in unsere Haut.
Doch bei C2C beschäftigen wir uns ja vor allem mit Lösungen und tatsächlich gibt es auch eine Lösung für dieses Problem. Inzwischen produzieren Unternehmen wie C&A oder Wolford schon mit einem biologisch abbaubaren Elasthan, das nach C2C-Standards hergestellt wird. Es ist allerdings noch offen, wie wir künftig mit biologisch abbaubaren Textilien Recycling umgehen. „Das ist eine große Herausforderung für die nächsten Jahre“, so Günter aus dem Textilbündnis. Für viele Textilunternehmen sei jedoch bereits die Umstellung auf biologisch abbaubare Textilien eine große Herausforderung. Günter sagte: „Die Cradle to Cradle-Zertifizierung ist mit das Strengste und Härteste, was ich je erlebt habe“. Das zeigt, dass sich das C2C–Konzept nicht mit einseitigen Lösungen zufrieden gibt. Die C2C-Zertifizierung beinhalte auch kleinste Details, berichtete Günter, beispielsweise würden Paraffine und Öle geprüft, die beim Spinnen verwendet werden. Auch sie müssten biologisch abbaubar sein. “Man darf nur Produkte einsetzen, die auf der Positivliste stehen“, so Günter.
Von FFF und Medikamenten in der Umwelt
Am Donnerstag sprach Nora mit Katharina Rogenhofer, die sich bei Fridays for Future in Österreich engagiert. Katharina beschäftigte sich schon im Studium mit der Klimaproblematik. Es habe sie gestört, dass es schon so viel Wissen über den Klimawandel gebe, aber in der Politik nichts ankomme. Die Erfahrungen, die sie bei der Klimakonferenz 2018 sammelte, brachte sie zu der Ansicht, dass es eine Kraft brauche, die politischen Druck aufbaue. Dies führte zu ihrem Engagement bei FFF.
Nora machte darauf aufmerksam, dass FFF und C2C zwar die gleichen Ziele verfolgen, aber unterschiedliche Herangehensweisen verwenden. Während es sich bei FFF um eine Bewegung handelt, welche die Klimaproblematik in das breite Bewusstsein trägt, geht es bei C2C um konkrete Lösungen. “Es gibt verschiedene Bewegungen, die verschiedene Werkzeuge haben” erläuterte Katharina, “Es ist aber trotzdem wichtig darüber zu sprechen und sich gegenseitig zu bereichern” sagte sie. Nora war da ganz ihrer Meinung: “Unterschiedliche Organisationen haben ihre Berechtigung, weil sie den Diskurs auch auf ganz unterschiedliche Weise bereichern können.” Einig waren sich die beiden auch bei der Frage aus dem Publikum, ob es eine C2C-Partei brauche, um politisch voran zu kommen. Nora und Katharina waren der Ansicht, dass eine eigene Partei nicht zielführend sein würde. “Es sollte letztendlich darum gehen, dass Klimaschutz in jedem Parteiprogramm aufgenommen wird”, fügte Nora hinzu. Die beiden beantworteten auch die Frage, was Einzelnen ihrer Ansicht nach unternehmen könnten, um Klima- und Ressourcenkrise zu bekämpfen. “Alles was man machen kann ist aktiv zu werden, sich anderen Gruppen anzuschließen, zu fragen ´Wo bleibt unsere C2C Gemeinde?`, sagte Katharina darauf.
Im Anschluss hielt Caro aus dem Referat Ehrenamtsmanagement einen interaktiven Vortrag zu Medikamenten in der Umwelt. Die Teilnehmer*innen wurden aufgewärmt mit einem interaktiven Quiz. Es verdeutlichte, wie groß der Einfluss von Medikamenten auf die Umwelt ist – und wie wenig wir in der Regel darüber wissen. Bei der Umweltverschmutzung wird oft nur an Erdöl, Mikroplastik und Pestizide gedacht, aber auch Medikamente können große Schäden in unseren Ökosystemen anrichten und für unsere Gesundheit gefährlich sein. Caro sensibilisierte die Teilnehmer*innen für die Auswirkungen von gefährlichen Substanzen. “Kläranlagen sind einfach nicht in der Lage Wirkstoffe mancher Medikamente komplett zu eliminieren”, erklärte sie. Das “gereinigte” Wasser aus den Kläranlagen werde wieder ausgeschwemmt, lande in Flüssen und könne sich von dort aus weiter verteilen. Caro klärte darüber auf, dass Medikamente bewusst stabil hergestellt werden, um überhaupt wirksam zu sein, was aber einen effizienten Abbau erschwere. Um das Problem zu lösen müsste man also schon beim Design der Medikamente anfangen. Caro stellte hier das Konzept “Benign by Design” vor. “Das Konzept hat das Ziel zwei Ansprüche miteinander zu vereinen” , sagte sie. Ziel sei es, Medikamente sowohl wirksam als auch umweltverträglich zu gestalten. Caro hat sich mit diesem Thema im Rahmen ihrer Bachelorarbeit eingehend beschäftigt und kommt als Expertin auf dem Gebiet zu dem Fazit, dass die die Pharmaindustrie ein großes Potential hat, um zu einer klimapositiven Entwicklung beizutragen. Dieses Potenzial könne gehoben werden, wenn sich diese Industrie an C2C orientiert.
Von der Rolle von Produkten als Dienstleistung bei C2C
Abgeschlossen wurde die Herbst-Akademie mit einer Session, die Jan von der Heyde aus dem ehrenamtlichen Bündnis “Product-as-a-service” moderierte. Er sprach mit Ruth Andrade von Lush und Robin Angelé von Commown über Produkte als Dienstleistungen für die C2C-Wirtschaft. Jan stieg mit einem kurzen Vortrag ein und sprach darin über die Vorteile von sogenannten Produkt-Service-Systemen. Dabei steht im Mittelpunkt, den Service zu erhalten, den ein Produkt bietet, ohne dass das Produkt selbst den*die Eigentümer*in wechselt. Er nannte verschiedene Beispiele, unter anderem auch das C2C- Beispiel Desso. Hierbei handelt es sich um Teppichfliesen, die der Hersteller nach vereinbarter Zeit wieder zurücknimmt und recycelt, um daraus neue Fliesen zu produzieren. Während der Nutzungszeit bietet der Hersteller Services wie Reparatur und den Austausch einzelner Fliesen an. Ein weiteres, bereits in der Breite bekanntes Beispiel für ein solches Geschäftsmodell ist Car Sharing. “Product-Service- Systeme sind eine logische Konsequenz der Circular Economy. Wichtig ist, dass dabei frühzeitig C2C-Qualitätskriterien eingebunden werden”, sagte Jan.
Robin von Commown erzählte, welche Rolle Produkte als Dienstleistung in seinem Unternehmen spielen. Commown ist genossenschaftlich organisiert und verleiht elektronische Geräte für bestimmte Zeiträume. Die modularen Smartphones oder Laptops bleiben im Eigentum von Commown, werden durch das Unternehmen ausgetauscht oder repariert, wobei Bestandteile des kaputten Produkts als Ersatzteillager für andere Geräte wiederverwendet werden. Robin erklärte anhand der Geschäftsmodelle großer Smartphone-Hersteller, dass eigentlich bereits viel zu viele Smartphones produziert werden. Das stelle die Hersteller vor die Herausforderung, Geräte in einem bereits gesättigten Markt verkaufen zu müssen. Bei den Smartphones werde daher kein Wert auf Langlebigkeit gelegt. Gleichzeitig sei das Recycling von elektronischen Geräten heute noch keine Lösung, da die Technik noch nicht weit genug fortgeschritten sei. Für ihn sei es daher nur logisch, modulare IT-Gegenstände in einem Service-Modell anzubieten.
Im Anschluss berichtete Ruth von Lush über deren Maßnahmen, Verpackungen kreislauffähig zu designen. Sie erzählte, dass Lush dabei mit Mehrwegverpackungen und auffüllbaren Verpackungen arbeite. Die Verpackungen bestehen heute zu 74% aus recyceltem oder nachwachsenden Materialien, sagte sie. 84% der Verpackungen können bei der Abgabe im Shop recycelt oder kompostiert werden. Zum Ansatz von Lush gehöre auch, die wiederverwendbaren Verpackungen zu waschen. Dafür habe das Unternehmen einen Partner, der teilweise in direkter Nachbarschaft zu Lush-Werken diese Aufgabe übernehme. Diesen Ansatz einer Verpackung als Dienstleistung will Lush noch weiter ausbauen. “Durch Verpackungen als Service sind wir in der Lage, hochwertige und haltbare Verpackungen anzubieten. Das Material bleibt in unserem Eigentum, wir sehen es als wertvolle Anlage”, sagte Ruth.
Vom Stammtisch zur nächsten Akademie
Bei Akademien steht neben den inhaltlichen Inputs auch immer der Austausch unserer Ehrenamtlichen untereinander und mit den Team-Mitgliedern der Geschäftsstelle im Mittelpunkt. Auf diese Tradition wollten wir auch bei der Herbst-Akademie 2021 nicht verzichten und luden alle Teilnehmenden jeden Abend zum Austausch über das Tool Wonder-me ein, in dem sich digitale Stammtische abbilden lassen. Jeden Abend nahmen diese Angebot zahlreiche Aktive sowie in Teilen auch die Speaker*innen wahr. Das erste Feedback aus dem Kreis der Teilnehmenden zur Herbst-Akademie war sehr positiv und wir freuen uns bereits jetzt darauf, gemeinsam mit den Aktiven das Programm für die nächste Akademie gestalten zu dürfen.