Im Gespräch mit Michael Pooley, CEO des Verpackungsherstellers IFCO, über die Herausforderungen in der Verpackungsindustrie und warum Recycling nicht die einzige Lösung ist.
Warum designt IFCO seine wiederverwendbaren Kunststoffbehälter (Reusable Plastic Containers; RPC) nach C2C-Kriterien?
IFCO hat 1992 als erstes Unternehmen wiederverwendbare Kunststoffbehälter entwickelt. Wir wollten eine innovative, nachhaltige und effiziente Alternative zu Einwegverpackungen schaffen. Unsere Mission war es schon immer, die weltweite Lieferkette für frische Lebensmittel nachhaltig zu gestalten. Von Anfang an haben wir diese Lieferkette ganzheitlich betrachtet und uns auf nachhaltige, wiederverwendbare Verpackungen konzentriert, die innerhalb unseres eigenen Systems zu 100 % recycelbar sind. Grundlegend für unsere zirkuläres Geschäftsmodell sind Mehrfachnutzung, Reparatur, Recycling und Wiederverwendung von Materialien. Die C2C-Denkweise ist daher vollständig im Einklang mit unserer eigenen Mission und unserem Engagement für die Umwelt. Und sie ist ein Anreiz, unsere Prozesse kontinuierlich zu verbessern.
Was muss passieren, damit mehr Unternehmen in der Verpackungsindustrie den Cradle to Cradle-Ansatz übernehmen?
Es gibt eine wachsende Nachfrage der Verbraucher*innen nach einer nachhaltigen Lieferkette für lebensnotwendige Produkte, wie zum Beispiel Lebensmittel. Der zunehmende Druck der Verbraucher*innen führt dazu, dass mehr Einzelhändler – und auch deren Lieferanten und Dienstleister – darauf reagieren. Wir sehen dies bereits bei einer Reihe zukunftsorientierter Einzelhändler, die auch bei ihren Lieferanten größten Wert auf Nachhaltigkeit legen.
Vor welchen Herausforderungen stehen Unternehmen wie IFCO, wenn sie mit ihren Verpackungen einen C2C-Ansatz verfolgen?
Das Design der Verpackung steht oft nicht im Mittelpunkt, wenn man über ein nachhaltiges Produkt nachdenkt. Das ist die größte Herausforderung. Konzentriert man sich dann auf die Verpackung, gibt es im Wesentlichen drei große Herausforderungen: das Design, die Rücknahme und die Frage der Eigentümerschaft. C2C bringt Unternehmen dazu, Produkte so zu designen, dass der Wert ihrer Materialien und ihre Nutzbarkeit ständig erhalten bleiben. Verpackungen müssen wiederverwendbar, reparierbar und ohne Qualitätsverlust recycelbar sein. Viele Verpackungen bestehen jedoch aus Kompositmaterialien, was ein effizientes Recycling erschwert. Verpackungsanbieter müssen bereits beim Produktdesign die Recyclingfähigkeit der Verpackung mitdenken. Die Rücknahmelogistik ist in einigen Bereichen eine echte Herausforderung, aber entscheidend für eine effiziente und maximale Wiederverwendung von Materialien. Nehmen wir zum Beispiel Verpackungen von Produkten des täglichen Bedarfs. Sie werden in Recycling-Containern entsorgt, wo sie unweigerlich mit anderen Materialien vermischt werden, was einen effizienten Recyclingprozess verhindert. Im Gegensatz dazu werden unsere RPCs mit einem klaren Nutzungszweck und einem vollständigen Prozess im Hinterkopf entwickelt. Wir konzentrieren uns nicht nur auf das Material, das haltbar, sicher und recycelbar sein muss, sondern auch auf den gesamten Produktions- und Rücknahmeprozess. Wir sind in einer einzigartigen Position und können Wiederverwendbarkeit, Rücknahme und Wiederaufbereitung unseres Verpackungsmaterials ständig optimieren.
Welche politischen Rahmenbedingungen sind für ein zirkuläres Verpackungssystem notwendig?
Staatliche Maßnahmen oder gesetzliche Instrumente können sicherlich eine wichtige Rolle bei der Förderung zirkulärer Geschäftsmodelle spielen. Idealerweise müssten solche Maßnahmen den gesamten Lebenszyklus aller verwendeten Materialien und Produkte berücksichtigen. Ich persönlich würde eine breitere Diskussion zum Thema Recycling begrüßen. Die Gründe, warum so viel Abfall in unseren Meere oder auf Deponien landet, sind komplex. Aber die Berge von ausrangierten Produkten und Verpackungsmüll zeigen, dass wir bei einigen Materialien noch weit von einer kostengünstigen oder effizienten Recycling-Methode entfernt sind. Wenn wir den Abfall reduzieren wollen, wird Recycling alleine aber nicht die Lösung sein. Daher sollten nachhaltige zirkuläre Geschäftsmodelle für Produkte und ihre Verpackungen unterstützt und als neuer Standard gefördert werden.
Wie müssen wir Ihrer Meinung nach unser derzeitiges Recyclingsystem ändern, um geschlossene Kreisläufe zu erreichen?
Recycling ist gut, sollte aber nur dann zum Einsatz kommen, wenn eine ein Produkt nicht repariert oder wiederverwendet werden kann. Wir beweisen seit Jahren, dass es nicht notwendig ist, Verpackungen nach jedem Gebrauch oder gar am Ende des Lebenszyklus zu recyceln. Wir zeigen, dass Recycling auch eine 100-prozentige Wiederverwendung des Materials für seinen ursprünglichen Zweck bedeuten kann. Es ist eine Frage des richtigen Materials und der Gestaltung eines kontinuierlichen, geschlossenen Prozesses.
Unser Modell der Materialwiederverwendung liefert das beste Argument für die Auslagerung des gesamten Verpackungskonzepts: Wenn unsere RPCs ihr Lebensende erreicht haben, werden sie zu neuen RPCs granuliert, die exakt die gleichen Materialeigenschaften aufweisen wie die Originale. Ein einfaches Konzept, aber erstaunlich selten in der Lieferkette.
Wie sieht für Sie die Zukunft der Verpackung aus?
Weniger Abfall ist entscheidend und kann nur erreicht werden, wenn Organisationen, die normalerweise miteinander konkurrieren, im großen Maßstab zusammenarbeiten.
Verbraucher*innen, Einzelhändler, Produzenten und Hersteller müssen sich auf standardisierte Verpackungslösungen einigen, die ausreichende Skalierungseffekte bieten, um die Rücknahmelogistik effizient zu gestalten. Pooling-Modelle sind ein großartiges Beispiel, decken aber derzeit nur einen relativ kleinen Teil des gesamten globalen Verpackungsbedarfs in der Lieferkette ab. Die Verbraucher*innen verlangen weniger Einwegverpackungen und Unternehmen erkennen zunehmend den wahren Wert von wiederverwendbaren Verpackungen. 2020 hat unser Modell 551.237 Tonnen CO2-Emissionen eingespart. Das zeigt, wie enorm der wahre Wert unserer Lösung für die Umwelt sein könnte.
Michael Pooley ist seit Juli 2020 CEO von IFCO SYSTEMS. Zuvor war er in leitenden Positionen bei der Brambles Group und der Exova Group tätig und sammelte internationale Erfahrung in den Bereichen Pooling, FMCG-Lieferketten und B2B-Dienstleistungen. Mit IFCO zeigt er nun, dass nachhaltige Lieferketten nach Cradle to Cradle möglich und rentabel sind.
Dieser Artikel erschien erstmals im Printmagazin NÄHRSTOFF #5