Welche Abfälle landen in einer Müllverbrennungsanlage? Wird recycelbares Plastik oder Papier beigemischt, um den Brennfaktor zu erhöhen? Und lohnt es sich überhaupt, Müll zu trennen, oder wird dieser sowieso noch einmal vorab sortiert? Dies sind nur einige Fragen, deren Antworten die Hamburger Regionalgruppe gerne von der Stadtreinigung direkt erfahren wollte. Nach der Besichtigung eines Recyclinghofes wurde Mitte Januar die Müllverbrennungsanlage Borsigstraße unter die Lupe genommen. Dort gab es viele Überraschungen und eine unfassbar große Anlage mit unglaublichen Mengen an Abfall.
Nach einer ausgiebigen Präsentation und vielen Fragen & Antworten, wurden die Teilnehmer*innen mit Helmen und Schutzbrillen ausgestattet und es ging zunächst in die Abkipphalle, wo sowohl sogenannter Restmüll als auch Altholz angeliefert werden. Wir folgten bei der weiteren Besichtigung dem Weg des Restmülls. Das Altholz wird ein in einer eigenen, separaten Anlage verbrannt.
Schwindelfreiheit war ein hohes Gut, denn als Nächstes ging es im Kesselhaus auf Lichtgitterböden auf eine Höhe von 42m ü.N.N., von wo aus die beiden Verbrennungslinien für den Restmüll gut zu überblicken sind. Aus der Kanzel des Kranfahrers dann, gut 30 m über dem Grund des Müllbunkers, blickten wir auf eine riesige Menge Abfall: Windeln, Hamburger, Plastiktüten, Weihnachtsbäume, Kleidungsstücke, Elektrogeräte, Seile – nicht alles was vom Kranfahrer in die großen Trichter in Richtung Feuer befördert wird, müsste momentan eigentlich noch im Restmüll entsorgt werden. Stattdessen könnte es in Kreislaufen zirkulieren. Bei einigen Gegenständen fragten wir uns auch, wie diese überhaupt hier her, beziehungsweise in die schwarze Restmülltonne gelangt sind: So war auch mal ein ganzer Hubwagen dabei, erzählte die Leiterin der Besichtigung.
Aber auch die Abfälle, die „korrekt“ als Restmüll angeliefert werden, sind nicht alle gleich. Sie müssen von den Kranfahrern zu einer Mischung mit einem möglichst gleichbleibenden Brennwert aufbereitet werden. Hausmüllähnlicher Gewerbemüll hat oft einen höheren Kunststoffanteil, Restmüll aus den Haushalten beinhaltet viele organische (Bio-) Abfälle, und Reste ehemaliger Deponien sind oft schon sehr erdähnlich. So vermischt hat der Restmüll im Durchschnitt einen ähnlichen Brennwert wie Braunkohle: Er verbrennt ohne Zuhilfenahme anderer Brennstoffe bei ca. 1.000°C. Es wurde und wird in Hamburg keinerlei zusätzlicher Müll aus den anderen Tonnen oder Säcken (z. B. gelbe Wertstofftonne oder Papier) dazu gemischt. Heizöl ist bei dem sogenannten Anfahren der Anlagen notwendig: Laut gesetzlicher Vorgaben müssen 850°C in der Brennkammer herrschen, bevor Müll zur Verbrennung dazugegeben werden darf. Wenn das Feuer bei der Revision (Instandhaltung) der Anlagen einmal aus war, wird diese Temperatur über Brenner erzeugt – danach brennt der Müll von selbst.
Beim Verbrennungsprozess fallen dann eine Reihe von Stoffen an, die so weit wie momentan möglich, aufbereitet und in den stofflichen Kreislauf zurückgeführt werden (Gips, Salzsäure, Calziumchlorid) oder über aufwändige Filtertechnik aufgefangen und so aus der Umwelt herausgehalten werden. Dieser sogenannte Flugstaub ist giftig, wird mithilfe von Aktivkohle gebunden und in Salzbergwerken als Stützmaterial verwendet.
Mit der im Verbrennungsprozess entstehenden Wärme wird im Kessel Dampf erzeugt, welcher dann ins Fernwärmenetz eingespeist wird. Aus den Verbrennungsrückständen – ein sehr großer Berg Schlacke – wird der Metallschrott getrennt und zur Wiederaufbereitung gegeben. Die Schlacke findet als Ersatzbaustoff unterhalb von Teer und Asphalt im Straßenbau Verwendung.
Viele Fragen zur Mülltrennung und -verwertung, die geäußert wurden, konnten nur landesspezifisch beantwortet werden, da der Müll in Deutschland Sache der Kommunen ist. Somit sind die Umsetzungsstrategien und -techniken von Region zu Region enorm unterschiedlich. Außerdem spielt eine große Rolle in welcher Hand die jeweilige Müllentsorgung liegt (in öffentlicher oder privater).
Bei der Mülltrennung lohnt es sich nicht nur, auf die richtige Tonne zu achten, sondern auch, verschiedene Materialien zu trennen: auch dort, wo Sortiermaschinen eingesetzt werden (wie z. B. beim gelben Wertstoffsack) gibt es Grenzen – einen Aludeckel von einem Plastikjoghurtbecher zu trennen, geht nur händisch. Beim Restmüll können solche Maschinen aufgrund der hohen Feuchtigkeit nicht angewandt werden, hier gilt: Der Restmüll wird vom Müllsack über die Tonnen in die Autos und von den Autos in die Anlage transportiert – es findet keine weitere Kontrolle oder Sortierung statt. Das bedeutet: Alles was zuhause im Restmüll landet, landet in der Müllverbrennungsanlage!
Die Stadtreinigung Hamburg hält in den Müllverbrennungsanlagen genau so viel Kapazitäten vor, wie für den tatsächlich anfallenden Restmüll der Hamburger notwendig ist. Hier kann also durch Mülltrennung jede*r selbst Einfluss nehmen.
Wer sich selbst ein Bild hiervon machen will, kann jeden Mittwoch und Freitag um 16 Uhr an den öffentlichen Führungen der Stadtreinigung durch die MVB teilnehmen.