Nina Eichinger hat mit uns über ihre persönliche Motivation für Umweltschutz gesprochen, warum sie von Cradle to Cradle (C2C) überzeugt ist und wie wir uns den Herausforderungen der Zukunft stellen können.
C2C NGO: Liebe Nina, die Umwelt liegt dir schon dein Leben lang am Herzen. Du hast Umweltwissenschaften studiert und engagierst dich in zahlreichen Organisationen und Jurys für eine bessere Welt. Woher kommt dieser Drang, etwas zum Positiven verändern zu wollen und was motiviert dich, am Ball zu bleiben?
Nina: Das hat in der Kindheit mit der Liebe zu Tieren angefangen. Besonders beeindruckt hat mich der Besuch von Jane Goodall in der dritten Klasse. Die Natur habe ich natürlich immer geliebt, war aber eher der Tier- als Pflanzenmensch. Das hat sich während eines Semesters zu Regenwald-Ökologie in Australien geändert. Dort habe ich bei Wiederaufholzungsprojekten mitgemacht und meine Liebe zu Pflanzen entdeckt. Und dann war mir klar, dass ich das gesamte System schützen möchte. Sobald man sich damit beschäftigt, merkt man, wie sensibel alles ist, wie sehr wir aus dem Gleichgewicht geraten sind und wie wichtig es ist, das wieder herzustellen.
C2C NGO: Wie bist du auf C2C gestoßen und was fasziniert und überzeugt dich daran am meisten?
Nina: Es ist eine gute und wichtige Vision, ein Nützling zu werden und nicht mehr von der Umwelt zu nehmen als man geben kann. Das ist eine große Herausforderung und ich bin total glücklich, dass es Ansätze wie C2C gibt.
Zu C2C bin ich durch meine Permakultur-Ausbildung gekommen. Ich war total begeistert davon, dass Permakultur Kreisläufe schafft und kleine Ökosysteme generiert, die der Natur nutzen und sie nicht ausbeuten. Es war für mich ein Aha-Moment zu sehen, dass es auch in großem Maße funktioniert und eben nicht nur eine Utopie ist. Man kann mit ganz vielen Dingen in Kreisläufen denken, wie man an C2C sieht. Wenn wir unsere Produktionswege verändern und den Müll nicht als Müll betrachten, sondern als Nährstoff, sind wir einen bedeutenden Schritt weiter.
C2C NGO: Du hast mal gesagt: „Die Natur gibt uns so viel und wir haben die Technik, diese Geschenke effektiv zu nutzen.“ Damit greifst du eine wichtige Perspektive von C2C auf, denn das Designkonzept hat die Natur zum Vorbild. Hast du Beispiele, an denen das verdeutlicht wird?
Nina: Der Umgang mit unserem eigenen Abfall: Wir bringen unseren Grasschnitt vom Garten in riesigen Säcken zu Wertstoffhöfen. Dann ist er zwar auf dem Kompost, aber es ist doch Wahnsinn, dass jeder im Auto irgendwohin fährt und dann wieder Blumenerde oder Schalenkomposterde kauft, obwohl man eigentlich mit seinem eigenen „Abfall“ das Problem lösen könnte. In der Natur gibt es auch keinen Müll. Wenn ein Insekt stirbt, ist es Nahrung für den Nächsten oder wird Nährstoff für die nächste Pflanze. Nichts vergeht, ohne Nutzen zu haben. Das zu verstehen und das Wissen zu nutzen, um nach C2C zu produzieren, wäre ein Traum. Ich glaube es, wird viel zu wenig Energie dafür verwendet, diese Zusammenhänge zu verstehen.
C2C NGO: Ein Aspekt von C2C ist es, Umwelt und Wirtschaften zusammenzubringen, statt sie als Gegensätze zu betrachten. Ein wesentlicher Treiber dafür sind Innovationen mit positivem Impact. Was ist für dich innovativ?
Nina: Da gibt es tausende von Ansätzen. Die Energie-, Verkehrs- und Agrarwende wären für mich die drei großen Punkte, wo ich sage: Da sind die Ideen und Erfindungen schon so weit und wir wissen eigentlich schon was geht. Es gibt andere Systeme und alternative Agrarbetriebe, es gibt Sonne und Wind sowie Speichermöglichkeiten, aber eben keine Direktlösung, die die Menschen oft wollen. Aber man kann die Innovationen, die da sind, akzeptieren und verschieden nutzen. Ich verstehe nicht, warum wir nicht vorankommen und so eine Angst davor haben.
C2C NGO: Was muss sich verändern, damit diese Innovationen sich verbreiten? Reichen Innovationen?
Nina: Im seltensten Fall. Ich würde politische Regeln, die die Umsetzung dieser Innovationen unterstützen, begrüßen – mit klaren Fristen. Alle großen Autobauer haben in den Schubladen tausende Ideen von Elektro- und Wasserstoffautos. Die müssen aber weiterentwickelt und gebaut werden. Diese finanziellen Risiken gehen sie natürlich nur ein, wenn es gesetzliche Vorlagen gibt. Da würde ich es als Innovation begrüßen, dass die Politik endlich sieht, dass sie gefordert ist und diese Innovation nur weitergeht, wenn sie sich mal aus dem Fenster lehnt und das voranbringt. Die EU muss auch besser zusammenspielen und effektive Regeln aufstellen und sich nicht permanent selbst ausbremsen. Vor allem Deutschland als „Land der Innovationen“ war mal ganz weit vorne in der Forschung, aber das verlieren wir immer mehr aus Angst, was Neues zu probieren, oder aus politischem Verdruss.
C2C NGO: Ein wesentliches Ziel unserer Arbeit ist es, einen gesellschaftlichen Wandel herbeizuführen. Wo siehst du speziell in deinem Berufsfeld die größten Möglichkeiten, diesen in der breiten Bevölkerung zu erreichen?
Nina: In der Aufklärung. Es sind einfach viele Dinge, die sich eingeschlichen haben. Die Wirtschaft hat es geschafft, dass Qualität immer weiter sinkt und Preise immer weiter steigen, z. B. bei Smartphones. Die werden immer teurer und selbst Leute mit kleinem Gehalt geben bis zu 1.000€ für ein Smartphone aus, das nach ein oder zwei Jahren kaputt ist. Da hätte man früher eine lange Garantie erwartet, wie z. B. bei Waschmaschinen. Es ist doch verrückt, dass Leute ein Smartphone wollen, weil es in und ein Statussymbol ist, im Endeffekt aber keine Qualität hat. Qualität bedeutet für mich nicht nur Langlebigkeit, sondern wie auch bei C2C, dass Produkte weder Mensch noch Umwelt schädigen und komplett wiederverwertet werden können – also umfassend qualitativ sind. Wir müssten viel mehr aufgeklärt werden. Zurück zu umfassender Qualität zu kommen, ist, glaube ich, ganz wichtig. Wenn Leute darüber nachdenken und die Unterschiede sehen, wird ihnen das selbst klar. Denn jeder Mensch mag eigentlich qualitativ hochwertige Dinge.
C2C NGO: Gibt es etwas, dass du unseren mehr als 800 Aktiven mit auf den Weg geben möchten?
Nina: Es ist ganz wichtig, sich vor Augen zu halten, dass sich viel bewegt. Gerade in der heutigen Zeit hat man das Gefühl, die Welt geht unter, nichts geht weiter und man kann eigentlich gleich aufgeben. Ich schaue mir gezielt positive Nachrichten an, weil man da ganz anders in den Tag startet, eine ganz andere Energie bekommt und sieht, was auch Positives passiert. Ich glaube, nur wenn ganz viele Leute so denken und danach handeln, wird sich was ändern. Diese „Wir kriegen das hin-Mentalität“ müssen wir uns beibehalten. Es hilft auch immer wahnsinnig, sich Persönlichkeiten wie Jane Goodall oder Vandana Shiva anzuschauen. Dadurch bekommt man neues Feuer und das Gefühl, die Welt verändern zu können. Man merkt, da draußen gibt es noch ganz viele andere Menschen, man ist nicht alleine!
Nina Eichinger ist Schauspielerin und TV-Moderatorin und hat schon in frühen Jahren ihre Liebe zur Natur entdeckt. Sie studierte Umweltwissenschaften, Kommunikationswissenschaften und hat u. a. ein Auslandssemster in Australien zum Schwerpunkt Regenwald-Ökologie absolviert. Sie engagiert sich in zahlreichen Organisation und Jurys für eine bessere Welt. Seit 2018 ist sie im Beirat der C2C NGO.
Dieses Interview erschien erstmals im Printmagazin NÄHRSTOFF #4