Ein Gebäude, das Luft und Wasser reinigt, Energie erzeugt, als Ressourcen-Bank fungiert – klingt für einige vielleicht noch nach einem Wunschbild. In Venlo steht schon eins, welches beim ersten Expertenforum des C2C e.V. vorgestellt wurde. Am 23.11.2016 diskutierten im Restaurant Sarah Wiener Expert*innen aus den Bereichen Bau, Architektur, Beschaffung sowie Produktentwicklung zum Thema „Innovatives Bauen und C2C Beschaffung“ – wie können Gebäude in Zukunft funktionieren.. Sie erörterten, wie kreislauffähige Gebäude, gesunde Büros sowie eine bessere Akustik, Raumluft- und Aufenthaltsqualität umgesetzt werden können. Das Expertenforum bot engagierten und interessierten Firmen sowie Einzelpersonen aus der Bauszene eine Plattform für Vernetzung und Austausch. Unter den Gästen waren unter anderem Mitarbeiter*innen aus dem Bereich Beschaffung aus dem BMZ und dem BMUB, sowie Architekt*innen, Vertreter*innen unterschiedlicher C2C-Unternehmen und Entscheider*innen verschiedenster Institutionen und Unternehmen.
Nora Sophie Griefahn, Geschäftsführender Vorstand des C2C e.V., moderierte das Expertenforum und begleitete so die Gäste durch den Abend. Nach einleitenden Worten zum C2C e.V. stellten die Akteur*innen in einem kurzen Impuls, sich und ihre Arbeit zu dem Thema Bau und Cradle to Cradle vor.
Jörg Finkbeiner, Architekt bei Partner und Partner Architekten, war auf der Suche, um den etwas „abgenutzten Begriff Nachhaltigkeit“ mit Leben zu füllen. Dabei stieß er auf Cradle to Cradle und implementiert das Konzept inzwischen auf unterschiedlichen Ebenen der Architektur. Dementsprechend stellte er auf dem Expertenforum das Projekt Gewerbepark 4.0 vor. Ein Gewerbepark, der nach Cradle to Cradle Kriterien gestaltet werden soll.
Der Leiter des Teams Green Buildings bei Drees & Sommer Advanced Building Technologies GmbH Tobias Fischer erläuterte einige Projekte und Betätigungsfelder mit Bezug auf Cradle to Cradle. Ein großer Bestandteil seiner Arbeit ist die ressourcenschonende und schadstofffreie Realisierung von Bauprojekten. In diesem Zusammenhang beschäftigt er sich bei Drees & Sommer mit der Thematik Cradle to Cradle und der Übertragung des Konzepts auf die Baubranche. Bei seinen Erläuterungen stach unter anderem das Prinzip FAAS Furniture as a Service heraus, das eine Rücknahme bzw. ein Leasing von Möbeln für Büroräume vorsieht. Zudem erläutert er die Idee eines Materialpasses, der einem Auskunft über die in einem Gebäude verwendeten Materialien und deren Eigenschaften geben soll.
Dr. Monika Griefahn, Vorsitzende des Cradle to Cradle e.V. und Umweltministerin a.D. übernahm anschließend das Wort. Sie stellte eine breite Palette der bereits existierenden zertifizierten Produkte in der Beschaffung vor. Sie hob besonders hervor, dass Produkte von vornherein anders designt und die Materialien entsprechend ausgewählt werden müssen, um diese Produkte etablieren zu können. „Wichtig ist nicht nur die schnelle Demontierbarkeit und Rücknahmefähigkeit, sondern auch die Auswahl des Materials – dass es gesund ist“ erklärte sie als Grundvoraussetzungen für Cradle to Cradle-fähige Materialien. Diese haben einen erheblichen Einfluss auf das Innenraumklima, das oft außer Acht gelassen werde.
Besonders beeindruckt waren die Gäste von der Vorstellung des neuen Stadtverwaltungsgebäudes in Venlo. Michel Weijers, Projektmanager der Stadt Venlo (NL) und Geschäftsführer des C2C Expo LAB, übernahm diese Rolle. Ihre Vision: „Lasst uns einfach ein Gebäude bauen, das unsere Stadt besser macht. Lasst uns ein Gebäude bauen, das die Luft sauber macht, was selber Energie produziert, das Wasserkreisläufe schließt, das Restwert hat; aber vor allem, wo die Beamten und Besucher der Stadt einfach gesünder sind“. Ein Gebäude, das nicht nur kreislauffähig, sondern auch wirtschaftlich ist.
Von vornherein wurden möglichst viele Cradle to Cradle-zertifizierte oder vergleichbare Produkte zu verwenden. An Stellen, wo dies noch nicht möglich ist, wurde ein unproblematischer Austausch der Materialien zur Optimierung in der Zukunft gewährleistet. Weijers lobte die Willensstärke und Überzeugung, die er bei den Unternehmen erlebt, die Cradle to Cradle zertifizierte Produkte herstellen.
Katja Hansen, Wissenschaftlerin bei der EPEA Umweltforschung und wissenschaftliche Beirätin des Cradle to Cradle e.V., stellte zwei Projekte zu Mehrwert und Wertschöpfung vor, an denen sie beteiligt ist. Bei Buildings as Material Banks (BAMB) geht es darum, mehr Materialien von Gebäuden weiter zu verwenden. „Die meisten Gebäude werden nicht verbraucht, sie werden gebraucht“ begründete sie. Des Weiteren stellte sie die Healthy Printing Initiative vor, die ein Netzwerk zwischen denjenigen, die Druckprodukte herstellen und denen, die diese nutzen wollen, aufbauen will. Sie betonte die Relevanz von Netzwerkbildung, um nicht das Standarddenken zu fördern, sondern auch den „verrückten“ Ideen eine Chance einzuräumen.
Die Rückfragen und Anregungen aus dem Publikum ergaben eine spannende Diskussion, die anschließend bei einem Glas Wein und einigen Snacks ausklingen konnte.