Der KOSMOS Verlag zählt zu den führenden Ratgeber- und Spieleverlagen. Das breit gefächerte Programm des Verlags umfasst erfolgreiche Naturführer wie „Was blüht denn da?“, Special Interest-Titel sowie weltweit bekannte Marken wie „Die drei ???“ und „CATAN”. Nach dem Motto „Natur von Anfang an“ produziert KOSMOS nun eine neue Sachbilderbuch-Reihe für Kinder, die nach dem Cradle to Cradle (C2C)-Designkonzept produziert sind. Grund genug uns den Verlag einmal näher anzuschauen. Gleichzeitig freuen wir uns, KOSMOS zum C2C e.V. Freundeskreises zählen zu können.
C2C e.V.: Frau Ruoff, Sie sind die Leiterin Unternehmenskommunikation des KOSMOS Verlags. Wie ist der Verlag auf C2C aufmerksam geworden?
Silke Ruoff: Wir beschäftigen uns schon seit vielen Jahren mit dem Thema Nachhaltigkeit. Seit 2015 haben wir das Thema auch explizit in unserem Unternehmensleitbild verankert. Wir suchen in allen Bereichen nach neuen Lösungen, um nachhaltiger arbeiten, wirtschaften und auch produzieren zu können. Im Zuge dessen sind wir auch auf die „Cradle to Cradle“-Initiative aufmerksam geworden. Deren Philosophie hat uns sofort sehr angesprochen.
C2C e.V.: Wo liegt der Unterschied zu Ihren konventionell hergestellten Büchern und warum haben Sie sich entschieden Bücher nach C2C zu produzieren?
Silke Ruoff: Im Herbst 2016 haben wir mit „Und jetzt retten wir die Welt!“ von Ilona Koglin und Marek Rohde ein Buch veröffentlicht, das sich explizit mit einer nachhaltigen Lebensweise auseinandersetzt. Dabei war es uns wichtig, nicht nur die inhaltliche Botschaft des Buches zu transportieren, sondern als Verlag auch selbst einen Beitrag zu mehr Nachhaltigkeit zu leisten. Daher haben wir nach Möglichkeiten gesucht, wie wir bei der Herstellung des Buches möglichst sorgsam mit den dafür notwendigen Ressourcen umgehen können. Natürlich nutzen wir längst FSC-Mix-Papier, das aus zertifizierter nachhaltiger Forstwirtschaft stammt. Bei dem besonderen Buchprojekt wollten wir aber noch mehr tun.
Über den C2C e.V. Freundeskreis kam der Kontakt zur Druckerei Gugler in Österreich zustande. Als eine der ersten Druckereien weltweit kann das Unternehmen C2C-zertifizierte Printprodukte herstellen. Die strengen C2C-Kriterien werden sowohl bei der Papierauswahl beachtet als auch bei der Qualität der Druckfarben. Beides wurde in einem speziellen Verfahren so gefertigt, dass sie ohne schädlichen Abfall recyclebar sind. Für den Druck wird nur Ökostrom eingesetzt und auch der verantwortungsvolle Umgang mit allen weiteren Umweltaspekten gehört zum Standard. Der Gedanke, Rohstoffe nicht zu verbrauchen, sondern lediglich zu gebrauchen, hat uns rasch überzeugt.
Nachdem wir mit dem ersten „C2C-Buch“ so gute Erfahrungen gesammelt haben, haben wir uns entschieden, auch weitere Bücher nach diesem Verfahren herzustellen. Gerade im Bereich Kindersachbuch und Pappbilderbücher für die Kleinsten sehen wir viele Vorteile durch die ökologisch nachhaltige und schadstofffreie Herstellung. Sollten die Kinder das Buch mal nicht nur betrachten, sondern in den Mund stecken, so ist das überhaupt kein Problem.
Und falls die Bücher irgendwann doch mal in den Recyclingkreislauf zurückkehren, sind sie bestmöglich wiederverwertbar. Diese ganzheitlichen Wiederverwertungsmöglichkeiten sind in der Form bei anderen Herstellungsverfahren noch nicht möglich.
C2C e.V.: Auf Ihrer Homepage schreiben Sie: „Und sollten unsere kleinen Naturfreunde das Buch mal nicht nur betrachten, sondern in den Mund stecken – kein Problem! Diese Bücher sind ungiftig, nicht allergieauslösend und gesundheitsverträglich!“ Inwiefern können Sie bei Produkten, die sich nicht am C2C Designkonzept orientieren, sicherstellen, dass auch diese für Kindermünder geeignet sind?
Silke Ruoff: Unsere Bücher für Kleinstkinder erfüllen allesamt die sehr strengen Richtlinien der europäischen Spielzeugnorm. Dadurch ist garantiert, dass die Produkte für Kinder getestet wurden und sie völlig unbedenklich sind. Die nach dem C2C Designkonzept hergestellten Kinderbücher erfüllen diese Spielzeugnorm natürlich ebenfalls. Sie sind aber zusätzlich noch komplett nachhaltig produziert.
C2C e.V.: Eine Herausforderung in der Produktion nach C2C ist nach wie vor die Rücknahme und anschließende Wiederverwertung der Produkte. Manchmal landen sie doch wieder in Müllverbrennungsanlagen. Die C2C-Pappbilderbücher sind grundsätzlich kompostierbar und somit Teil des biologischen Kreislaufs. Wie stellen Sie sich das Leben dieser Bücher vor? Wie sorgen Sie für eine biologische Wiederverwertung?
Silke Ruoff: Unsere Idealvorstellung wäre es, dass die Bücher wieder an den Händler, bei dem sie gekauft wurden, zurückgegeben werden und so zurück in den Kreislauf gelangen. Diese Idee diskutieren wir derzeit mit einigen Handelspartnern. Allerdings stehen wir hier noch ganz am Anfang, denn um den C2C-Gedanken bezüglich des werterhaltenden Recyclings voll auszunutzen, müssen mehr Produkte so gefertigt werden, so dass sich langfristig ein Kreislauf mit C2C-Produkten ergibt.
Wichtig wird es hier sein, von anderen Branchen, in denen das C2C-Verfahren schon länger im Einsatz ist, zu lernen. Daher ist es uns wichtig, Teil des C2C-Netzwerkes zu sein. Denn nur gemeinsam – auch über Branchengrenzen hinweg – können wir das Konzept kontinuierlich verbessern und weiter voranbringen.
C2C e.V.: Seit über 100 Jahren steht der Schutz der Natur im Fokus Ihres Verlags. Wie setzen Sie dieses Motto (neben der C2C Serie) in Ihrem Unternehmen um?
Silke Ruoff: Die Freude an der Natur und das Verständnis für unsere natürliche Umwelt immer wieder neu zu wecken, gehört zu den zentralen Säulen von KOSMOS. Diese Liebe zur Natur, zu den Pflanzen und Tieren, aber auch das Verständnis für die großen Zusammenhänge der Naturwissenschaften sind genau die Themen, die wir mit unseren Produkten vermitteln möchten. Das beginnt bereits beim Kinderglobus, der die Form unseres Planeten konkret zeigt und so auch das Bewusstsein für den notwendigen Schutz der gesamten Umwelt schärft.
Mit unseren Kindersachbüchern und auch den klassischen Naturführern für Erwachsene vermitteln wir viel Wissen zu Flora und Fauna und bringen deren Schutz Kindern schon von klein auf nahe. Und mit Experimentierkästen zu erneuerbaren Energien zeigen wir beispielsweise Möglichkeiten für ein nachhaltiges Wirtschaften auch in Wirtschaft und Gesellschaft auf. Die Liebe zur Natur zu wecken und zu fördern verstehen wir als unseren Beitrag für eine nachhaltige Haltung.
Neben den besonderen C2C-Reihen setzen wir natürlich auch bei anderen Büchern auf Papier aus verantwortungsvollen Quellen. Zudem verzichten wir seit einigen Jahren auch konsequent auf die Plastik-Schutzhüllen, die wir früher für einige Naturführer verwendet haben und wir versuchen so wenige Bücher wie möglich einzuschweißen
Im Bereich Spielware testen wir derzeit unterschiedliche Materialien, um zu sehen, welche unseren Ansprüchen am besten gerecht werden. Wenn möglich und kalkulierbar setzen wir auch hier auf nachhaltige Materialien. Im Kinderspielklassiker Ubongo 3D verwenden wir z. B. spezielle Holzfasergranulat-Bauteilen.
Auch jenseits unserer Produkte wollen wir nachhaltig agieren. So setzen wir bei KOSMOS auf umweltfreundliche Büromaterialien, regionale Lieferketten und einen sorgsamen Umgang mit Ressourcen auch innerhalb des Verlags. Für unser Engagement in diesem Bereich wurden wir übrigens im vergangenen Jahr mit dem 1. Preis von „Büro & Umwelt“ ausgezeichnet. Die Auszeichnung hat uns sehr gefreut und sie spornt uns an, kontinuierlich an dem Thema dran zu bleiben und immer wieder die Augen offen zu halten, um nachhaltige Ideen und Produkte umzusetzen.
C2C e.V.: Wie waren die bisherigen Reaktionen von Mitarbeiter*innen und Kund*innen auf Ihre C2C-Produkte?
Silke Ruoff: Das Feedback ist durchweg positiv. Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben das Konzept von Anfang an unterstützt und intensiv daran gearbeitet, damit sich die Produkte preislich so kalkulieren lassen, dass sie für die Kunden auch attraktiv bleiben. Die Kunden und Buchhändler waren ebenfalls begeistert. Inzwischen haben wir bereits mehrere 10.000 Bücher, die nach dem C2C-Konzept hergestellt wurden, verkauft.
Wir haben allerdings auch gemerkt, dass das dahinterstehende C2C Designkonzept noch nicht flächendeckend bekannt ist. Das stellt uns vor besondere Herausforderungen, da wir das Konzept den Kunden immer wieder auch über die Produkte erklären müssen. Und zwar so, dass sie schnell erkennen und verstehen, worum es dabei geht.
Ein wichtiger Punkt beim C2C Designkonzept sind gesunde Arbeitsbedingung und eine faire Bezahlung für Mitarbeitende. Wie stellen Sie dies im Rahmen der Serie „Natur von Anfang an“ sicher?
Silke Ruoff: Zu unserem Druckereipartner haben wir diesbezüglich großes Vertrauen. Und bei uns im Verlag haben wir den fairen Umgang mit unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern nicht nur im Leitbild festgehalten, sondern leben unsere Werte auch aktiv. Wir halten uns an die gesetzlichen Tarifverträge und ergänzen dies durch zahlreiche Zusatzleistungen an. Zudem bieten wir vielfältige Angebote zur Gesundheitsförderung an, wie etwa Yoga, und seit vielen Jahren gibt es regelmäßig Bio-Obst für die Kolleginnen und Kollegen im Hause.
C2C e.V.: Auch die Nutzung erneuerbarer Energien ist ein Prinzip des C2C Designkonzeptes. Inwieweit setzen Sie dies in Ihrem Unternehmen um?
Silke Ruoff: An unserem Verlagsstandort in Stuttgart setzen wir schon seit vielen Jahren auf Ökostrom. Und auch beim Druck der C2C-Bücher wird selbstverständlich nur Ökostrom eingesetzt.
C2C e.V.: Als Freundeskreismitglied des C2C e.V. stellen Sie mitunter die langfristige Bildungs-, Vernetzungs- und Öffentlichkeitsarbeit der Organisation sicher und helfen dabei, dass C2C bekannter wird. Wie sehen Sie die C2C-Zukunft?
Silke Ruoff: Die Philosophie von C2C hat uns von Anfang an überzeugt und wir sind aus voller Überzeugung aktiver Botschafter des Konzepts. Natürlich ist die Idee erklärungsbedürftig. Das stellt uns alle vor gewisse Herausforderungen. Doch auch wenn wir gemeinsam noch einen weiten Weg zu gehen haben, so sind die ersten Schritte bereits getan. Und der Anfang ist bekanntlich am beschwerlichsten.
Doch je mehr Menschen wir für C2C erreichen, desto mehr Begeisterung für das Konzept kommt zu uns zurück. Und das motiviert uns, gemeinsam dran zu bleiben.
C2C e.V.: Und jetzt noch ein Blick in die Zukunft vom KOSMOS Verlag: Wie sehen ihre Pläne aus? Wird es noch weitere Produkte geben, die nach dem C2C Designkonzept hergestellt werden (z. B. Experimentierkästen oder Spiele)? Möchten sie ihr ganzes Unternehmen auf C2C umstellen?
Silke Ruoff: Wir sind erst vor etwas über zwei Jahren mit einem Pilotprojekt gestartet. Inzwischen haben wir bereits 12 verschiedene Kinderbücher und 2 weitere Ratgeber im Programm, die nach dem C2C-Verfahren hergestellt sind. Und wir wollen auf jeden Fall weiter machen und nach und nach weitere Produkte nach dem C2C-Verfahren herstellen.