Text: Tim Janßen & Nora Sophie Griefahn
Der erste Klimakipppunkt ist erreicht. Laut dem aktuellen Global Tipping Points Report sind die tropischen Korallenriffe kaum noch zu retten. Auch andere Systeme geraten immer stärker ins Wanken, etwa der Kipppunkt für die polaren Eisschilde, dessen Überschreiten einen irreversiblen Anstieg des Meeresspiegels in Gang setzen würde. Zudem berichtete das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung im September, dass sieben von neun planetaren Grenzen überschritten sind. Damit haben wir in diesen Bereichen den sicheren Handlungsraum verlassen.
Doch Kipppunkte gibt es in beide Richtungen. Die 160 Forschenden des Kipppunkte-Berichts aus über 20 Ländern beschreiben auch positive gesellschaftliche und technologische Entwicklungen, die sich selbst verstärken. Fortschritte bei Solar- und Windenergie sowie bei der Elektromobilität, beispielsweise, die immer günstiger und zunehmend zum Standard werden. Auch, dass das Überschreiten planetarer Grenzen umkehrbar sein kann, bietet Grund für vorsichtigen Optimismus. Mit dem Montreal-Protokoll wurde 1987 der internationale Ausstieg aus Fluorchlorkohlenwasserstoffen (FCKW) eingeleitet. Die seitherige Erholung der Ozonschicht zeigt, dass politische Maßnahmen positive Veränderungen bewirken können.
Jede Veränderung hin zu einem zukunftsfähigen Umgang mit unseren Ressourcen kann eine Kaskade weiterer Fortschritte auslösen. Umso wichtiger ist es, dass wir die richtigen Weichen für diese Veränderungen stellen. Statt weniger schlecht zu handeln oder möglichst „neutral“, sollten wir richtig gut handeln. Wenn wir schon beim Design von Produkten und Prozessen die gesamte Wertschöpfungskette berücksichtigen und Materialien wählen, die in ihrem Nutzungsszenario gesund und kontinuierlich wiederverwertbar sind, entstehen positive soziale, ökonomische und ökologische Auswirkungen.
Um Unternehmen und Personen sichtbar zu machen, die diese positiven Veränderungen bereits umsetzen und anstoßen, haben wir im Oktober bereits zum zweiten Mal gemeinsam mit dem F.A.Z. Institut den Circularity Champion Award verliehen. Auch auf diesem Weg herzlichen Glückwunsch an die ausgezeichneten Unternehmen und Organisationen, die als Pioniere vorangehen.
In Zeiten mehrfacher Krisen sind diese positiven Beispiele wichtiger denn je. Denn die Vorstellung einer guten Zukunft motiviert und beschleunigt Veränderungen. Und eine zündende Idee kann ganz schnell dafür sorgen, dass ein positiver Kipppunkt erreicht wird.


