Die Ampel-Parteien FDP, Grüne und SPD haben am Mittwoch ihren Koalitionsvertrag vorgestellt. Wir haben uns angesehen, was zum Thema Circular Economy und Kreislaufwirtschaft darin zu finden ist. Erfreulich: Das Thema wird zumindest nicht mehr als Nebenaspekt der Umweltpolitik behandelt, sondern als das gesehen wird, was eine wirklich geschlossene Circular Economy ist – ein Weg für “effektiven Klima- und Ressourcenschutz, Chance für nachhaltige Wirtschaftsentwicklung und Arbeitsplätze.” Ökonomie und Ökologie müssen und können zusammen gedacht und vereinbart werden. Das macht dieser Koalitionsvertrag deutlich und das ist ein großer Schritt in Richtung Zukunft.
Es ist zudem sinnvoll, dass die staatliche KfW als Förderbank auch zirkuläre Geschäftsmodelle verstärkt mit Wagniskapital ausstatten soll. Denn eine zukunftsfähige Circular Economy erreichen wir nur dann, wenn das Prinzip von kreislauffähigem Produkt- und Prozessdesign in der Unternehmensgründung zur Selbstverständlichkeit wird. Auch, dass Digitalisierung und eine Circular Economy explizit gemeinsam gedacht werden, ist eine positive Entwicklung. Denn wirklich geschlossene Ressourcen- und Materialkreisläufe können nur durch Transparenz und die Möglichkeit, Wertschöpfungsketten sowie die Qualität von Produkten lückenlos nachvollziehen zu können, sichergestellt werden.
Doch natürlich kommt es auch bei der Bewertung der Kreislaufstrategie der künftigen Bundesregierung auf die Feinheiten an. Dass sich die drei Parteien in der EU für einheitliche Produktstandards für eine Circular Economy einsetzen, sollte eigentlich gar nicht mehr erwähnenswert sein. Denn entscheidend dabei ist alleine, sich nicht weiter auf Mindeststandards einzulassen, die immer nur eine Reduktion von Schäden durch Ressourcenvergeudung zur Folge haben. Die Bundesregierung muss die nächsten vier Jahre vielmehr nutzen, um auf EU-Ebene auf positiv definierte Ziele hinzuarbeiten. Kriterien für das Design von zukunftsfähigen Produkten müssen unter ganzheitlichen Gesichtspunkten vorgeschrieben werden. Langlebigkeit, wie sie nun auch im Koalitionsvertrag hervorgehoben wird, ist kein Wert an sich, sondern nur in Kombination mit Materialgesundheit, der Eignung für das spezifische Nutzungsszenario eines Produkts und dessen Kreislauffähigkeit sinnvoll. Wie dies aussehen muss, haben wir in unserem politischen Briefing mit 10 Chancen für eine Kreislaufwirtschaft nach Cradle to Cradle festgehalten.
Auch beim Thema Kohlenstoff verspricht die künftige Bundesregierung vor allem, weiterhin auf das Ziel der Klimaneutralität hin zu arbeiten. Beispielsweise durch die Unterstützung eines CO2-Grenzausgleichsmechanismus oder einen Zulassungsstopp für Verbrennerautos. Der Vorschlag einer systematischen Kohlenstoffstrategie, die Anreize für die endlose Nutzung von Kohlenstoff in allen Teilen unserer Wirtschaft und die Rückgewinnung von Kohlenstoff aus der Atmosphäre setzt, bleibt indes aus.
Der Koalitionsvertrag birgt viele Chancen für eine wirklich geschlossene Circular Economy nach Cradle to Cradle. Doch bei seiner Ausgestaltung dürfen sich die drei Parteien nicht auf das alte Muster der Schadensreduktion einlassen. Sie müssen ganzheitliche und wirklich zukunftsfähige Detaillösungen erarbeiten, die ökonomische, ökologisch eund soziale Mehrwerte zu Folge haben. Als gemeinnützige NGO beschäftigen wir uns seit knapp zehn Jahren ausschließlich mit dem Thema Cradle to Cradle. Denn dieser Ansatz beschreibt eine qualitativ hochwertige Kreislaufwirtschaft und nur eine solche Kreislaufwirtschaft kann wirklich zukunftsfähig sein. Deshalb verstehen wir es auch als unsere Aufgabe, dafür immer wieder das Gespräch und unsere Expertise bei der Ausgestaltung anzubieten.