Etappe 3: Mönchengladbach
Am 4. November kam die C2C-Community zum dritten und letzten Mal in diesem Jahr zum Internationalen Cradle to Cradle Congress zusammen. In der Kaiser-Friedrich-Halle in Mönchengladbach diskutierten wir mit rund 150 Teilnehmenden und Speaker*innen vor Ort und 200 Personen im Livestream zum Thema Urban Future und kommunale Entwicklung nach Cradle to Cradle. Dabei wurde deutlich, dass C2C-Lösungen für viele Probleme urbaner Räume wie Klimawandel und Ressourcenknappheit bietet.
Moderator Robin Schmid von Robin TV führte das Publikum gut gelaunt durch das Tagesprogramm. Erneut fand die Veranstaltung unter der Schirmherrschaft von Bundesumweltministerin Svenja Schulze statt. Zusätzlich waren weitere Vertreterinnen aus regionaler und nationaler Politik anwesend. Elisabeth Winkelmeier-Becker, Parlamentarische Staatssekretärin im Bundeswirtschaftsministerium, sagte in ihrem Grußwort, dass es ihr ein Anliegen gewesen sei, persönlich zum C2CC21 zu kommen. Umweltschutz sei nur einer von zwei wichtigen Aspekten der Circular Economy. “Es geht um einen 800 Mrd. Euro großen Markt. Und natürlich hat das Wirtschaftsministerium ein Interesse daran, dass hiesige Unternehmen davon profitieren”, sagte sie. Ansätze wie C2C seien damit wirtschaftspolitisch äußerst relevant.
Eine wichtige Rolle soll C2C künftig auch in der Gastgeberstadt Mönchengladbach spielen, wie die erste Bürgermeisterin Josephine Gauselmann sagte. Der Congress passe sehr gut zum Strukturwandel, den die Stadt gerade durchlaufe. “Gleichzeitig ist Cradle to Cradle eine Herausforderung, da wir gewohnte Prozesse neu denken müssen. Hin zu einer gesunden und rentablen Wirtschaftsweise, einer Welt ohne Müll mit Wertstoffen, die ihren Namen verdient haben, und Gebäuden, die während und nach der Nutzung einen Wert haben”, so Gauselmann.
Konkrete C2C-Projekte im urbanen Raum
Dass C2C-Projekte in Städten keine Zukunftsmusik sind, zeigen viele Praxisbeispiele sowohl in Deutschland als auch auf europäischer Ebene. Genau das war auch das Thema des ersten Panel des Tages. Andreas Mucke, früherer Oberbürgermeister von Wuppertal und Geschäftsführer des Circular Economy Accelerators, Marij Pollux, Beigeordnete für Nachhaltigkeit, Kultur und Events der niederländischen Stadt Venlo und Helge Viehweg, Bürgermeister der ersten C2C-Modellgemeinde Baden-Württembergs, Straubenhardt, diskutierten über das Transformationspotenzial urbaner Räume. “Wir brauchen die fünfte Industrielle Revolution in Form einer zirkulären Wirtschaft”, so Mucke. Davon könnten alle Regionen und Bundesländer profitieren, denn eine C2C-Wirtschaft sei auch eine Chance für den Export von Ideen. Auch für den Wirtschaftsstandort Nordrhein-Westfalen könne C2C eine Chance sein. “Nordrhein-Westfalen ist ein Industrieland. Das muss nicht unbedingt schmutzig und staubig sein, sondern kann innovativ gestaltet werden. Es gibt hier schon viele Unternehmen, die zirkulär wirtschaften”, betonte Mucke.
Straubenhardt und Venlo als C2C-Vorreiter
Pollux hob insbesondere auf den gesundheitlichen Mehrwert von nach C2C entwickelten Kommunen ab. Venlo, mit dem 2016 fertiggestellten Rathaus nach C2C-Kriterien, sei dafür ein gutes Beispiel. “Die Krankentage bei den Mitarbeiter*innen in unserem Rathaus sind um etwa 1% gesunken. Diesen Aspekt kann man wirtschaftlich umrechnen”, sagte sie. Viehweg plädierte dafür, auch auf kommunaler Ebene die echten Kosten für Entwicklungsprojekte anzusetzen. “Es wird bei einem Bauwerk immer als erstes gefragt, wie hoch die Investitionskosten sind. Da sind wir in einem alten Denken gefangen. Wir schauen zum Beispiel nicht auf die Kosten der Entsorgung”, sagte er. Die Gemeinde Straubenhardt ist ein Vorreiter in der Umsetzung von Cradle to Cradle im urbanen Raum. Dabei sei man nicht überall sofort auf Verständnis gestoßen. “Am Anfang waren wir die Spinner”, berichtete Viehweg lachend.
Wie finanziert man C2C-Projekte?
Doch wie werden zirkuläre Ideen ganz praktisch umgesetzt? Ein wichtiger Baustein dafür ist die Finanzierung. Götz Hilber, Crowdinvestment Projektmanager der GLS Bank sowie Stefan Möller, Regionalleiter Firmenkunden der GLS Bank, erläuterten in einem Impulsvortrag, wie C2C-Projekte finanziert werden können und welche Rolle Finanzinstitute bei der Transformation hin zu einer zirkulären Wirtschaft spielen können. “Geld ist für die Menschen da”, sei der Leitsatz der Bank, so die beiden. Bei innovativen Geschäftsmodellen böten sich auch innovative Finanzierungsmodelle an. “Gerade Unternehmen die sonst schwierig an eine Finanzierung kommen, ermöglicht Crowdinvesting eine Finanzierung”, so Hilber. Grundsätzlich gebe es ausreichend Finanzierungsmöglichkeiten für C2C-Unternehmen, ergänzte Möller. “Es stellt sich dabei aber die Frage der Bewertung, beispielsweise von Baustoffen in einem Gebäude. Diese Bewertungsformen müssen überarbeitet werden”, sagte er.
Der Kreislauf startet bereits bei der Finanzierung
Auch das zweite und abschließende Panel des Tages drehte sich um das wichtige Thema Finanzierung. Silke Stremlau, Stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende der UmweltBank AG, sagte, dass Finanzinstitute jede Menge zur zirkulären Transformation beitragen können. Durch den Green Deal der EU sei der Druck enorm hoch. “Einige Unternehmen bekommen Schnappatmung, weil es nun für die Finanzwirtschaft darum geht, Geld aus nicht nachhaltigen Branchen in nachhaltige Bereiche umzulenken”, so Stremlau. Auch Marcel Özer, Senior Consultant für Cradle to Cradle in Real Estate bei EPEA GmbH – Part of Drees & Sommer, bestätigte, dass C2C eine Investition in die Zukunft ist und dies auch von der Finanzwirtschaft erkannt werde. “Projekte und Produkte werden an strengere Kriterien geknüpft”, sagte er. Michel Weijers, Managing Director des C2CExpoLAB in Venlo, ist indes davon überzeugt, dass nicht alleine Banken die Transformation vorantreiben können. Es gehe dabei auch um die Überzeugung, das Richtige zu tun. Denn der Business Case eines Gebäudes bestehe aus mehr als nur dem Restwert seiner Materialien. “Ein Cradle to Cradle-inspiriertes Gebäude ist ein Gebäude, das Probleme löst, einen Mehrwert erzeugt, in dem die Leute gesünder sind. Das muss man bewerten”, sagte er.