Unsere diesjährige Akademie vom 21. – 26. September stand unter besonderen Vorzeichen. Die Corona-Pandemie hatte unseren Alltag als NGO schon in den vorherigen Monaten beeinflusst und uns zu neuen (digitalen) Formaten gezwungen. So auch die Akademie, die in diesem Jahr komplett digital stattfand. Durch das veränderte Format war es uns möglich, interne Workshops über Zoom zu veranstalten, aber auch via Livestreams einige Sessions öffentlich zu gestalten. Auch wenn uns der persönliche Austausch und das nicht-digitale Miteinander sehr gefehlt haben, können wir trotzdem zufrieden auf eine erfolgreiche und spannende Woche zurückblicken. Wir hatten ein vielfältiges Programm mit vielen Workshops von Aktiven für Aktive, spannenden Vorstellungen von Start-ups, die von Ehrenamtlichen gegründet wurden, sowie tollen Gästen wie Ralf Fücks, Dirk Messner und Jörg Witthöft. Viel Input und rege (Zoom-)Diskussionen prägten die diesjährige Akademie, zu der sich 125 Aktive angemeldet hatten.
Nach der Begrüßung durch unseren Geschäftsführenden Vorstand, Nora und Tim, und unseren Ehrenamtsmanager Gentry am Montag durften wir uns über ein Grußwort von Barbro Dreher freuen. Die Staatssekretärin in der Berliner Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe, betonte im Gespräch mit Tim das Potenzial von Cradle to Cradle für Berlin und erklärte, was getan werden muss, um eine Kreislaufwirtschaft nach C2C zu erreichen. Außerdem ging es um Berlin als C2C-Innovationsstandort und wie NGOs und Start-ups als Ideenlieferanten funktionieren können.
Nutzen statt besitzen, Gemeinwohl-Ökonomie und LAB Tour
Nach diesem Auftakt ging es am Dienstag mit den ersten Sessions los. Zusammen mit Merle und Susanne diskutierten die Teilnehmenden die Möglichkeiten von Produkt-Service-Systemen (PSS) und welche Rolle C2C-Aspekte dabei spielen. Dabei wurde schnell klar, dass PSS sowohl für Verbraucher*innen, als auch Herstellende und Umwelt eine ganze Reihe von Vorteilen bieten: Die Produkte sind eher auf die Wünsche der Kund*innen abgestimmt, Produzent*innen können sich von der Konkurrenz abheben und die Umwelt wird geringer belastet. Weiter ging es mit einem Workshop von Andreas und Thorsten zur Gemeinwohl-Ökonomie. Diese beschreibt ein Wirtschaften, basierend auf den Werten Menschenwürde, Solidarität und Gerechtigkeit, Transparenz und Mitentscheidung sowie ökologische Nachhaltigkeit. Gerade im letzten Punkt ergibt sich eine deutliche Schnittmenge mit Cradle to Cradle, sodass es mittlerweile mit Elobau, einem Hersteller von Sensortechnik und Bedienelementen, auch das erste Unternehmen gibt, das sowohl Gemeinwohl-Ökonomie als auch C2C umsetzen möchte. Zum Abschluss des Tages stand eine virtuelle Führung durch unser LAB auf dem Programm. Im Anschluss diskutierte Tim zusammen mit Tobias Fischer von Drees & Sommer und der Architektin Julia Sickermann, welche Herausforderung es beim Umbau des LABs gab und was noch zu tun ist.
Workshops von Aktiven für Aktive
Der Mittwoch startete unter dem Motto “Join the Cradlelution”. Deniz und sein Team planen, einen C2C-Onlineshop wieder aufleben zu lassen. Von der Produktpalette über Products-as-a-Service bis zu anderen Geschäftsmodellen rund um den Onlineshop, wie beispielsweise ein Rücknahme- und Liefersystem wurden viele Möglichkeiten diskutiert, sodass Deniz mit viel Input aus der Session gehen konnte. Wer Updates über den Onlineshop erhalten möchte, kann übrigens eine E-Mail mit “Newsletter” an info@cradlelution schicken. Als nächstes stand ein Crash-Kurs im Design Thinking auf dem Programm. Susanne erklärte nicht nur was Design Thinking überhaupt ist, sondern führte auch eine Übung mit allen Teilnehmer*innen durch, in der sie das Design Thinking Konzept praktisch anwenden konnten um Cradle to Cradle zu erklären. Außerdem erteilte Susanne nützliche Ratschläge für C2C-Workshops, sodass alle Teilnehmenden am Ende viel hilfreiches Wissen aus der Session mitnehmen konnten, um Cradle to Cradle in die Breite zu tragen. Im Anschluss stellte Anne ihr Start-up traceless vor, mit dem sie essbaren Kunststoff für den biologischen Kreislauf entwickelt. Der Kunststoff hat vielfältige Anwendungsmöglichkeiten, da er wasserabweisend, bedruckbar und lagerstabil ist und sogar für essbare Beschichtungen von Tabletten und Cornflakes verwendet werden kann. Anne hat bereits die C2C NGO Regionalgruppe Hamburg mitgegründet und so freut es uns natürlich sehr, dass sie das Cradle to Cradle Designkonzept weiterträgt und praktische Anwendungsfelder entwickelt hat.
C2C in der Praxis und Dirk Messner im LAB Talk
Die pilzliebe-Gründerinnen Caroline und Johanna machten den Auftakt am Donnerstag mit einem Vortrag zu “Funghi for Future”. Handtaschen aus Pilzen? Das geht? Ja, Myzel, so wird das Pilzgeflecht genannt, lässt sich tatsächlich unter anderem als Lederersatz nutzen. Handtaschen werden bei pilzliebe zwar nicht produziert, aber Johanna und Caroline bieten Grow-it-yourself-Workshops an, bei denen die Teilnehmenden aus Myzel und Substrat ihre eigenen Pilze ziehen können. Wie man so einen Workshop ganz einfach selbst veranstalten kann, wollten die beiden den Teilnehmenden gerne mit auf den Weg geben. Ein Grow-it-yourself-Workshop als nächstes Teamevent? Warum nicht?
Wie immer gut gelaunt moderiert von unserem Ehrenamtsmanager Gentry ging es weiter mit dem Thema Outdoorbekleidung wie sie die Natur machen würde. Ingo stellte den Teilnehmenden The Beneficial Trail vor, eine von ihm gegründete Outdoormarke, die C2C-Funktionskleidung aus Merinowolle herstellen wird. Mehr Infos gibt es ab Oktober auf www.thebeneficialtrail.com. Im Anschluss durften wir dann einen ganz besonderen Gast bei uns im LAB begrüßen: Dirk Messner, Präsident des Umweltbundesamt, stellte sich im LAB Talk mit Nora den Fragen der Zuhörer. Eine spannende Diskussion und sicherlich ein Highlight der diesjährigen Akademie!
Den Abschluss machten Kathrin und Lena zum Thema C2C im Bau. Kathrin, die im Baubündnis aktiv ist, berichtete über die Vernetzung des Baubündnis mit den Architects for Future und dem gemeinsamen Projekt muenchen2020.org. Lena hat kürzlich als Trainee im Referat Städte und Kommunen angefangen und stellte den Teilnehmenden die Ergebnisse ihrer Masterarbeit vor, in der sie einen Leitfaden für Bestandssanierungen nach Cradle to Cradle entwickelt hat. Beide Vorträge regten zu vielen Diskussionen und Austausch zwischen den Teilnehmenden an, sodass der vierte Tag unserer digitalen Akademie erfolgreich abgeschlossen werden konnte.
Interner Austausch und Vernetzung
Der Freitag stand ganz im Zeichen der Aktiven und war für interne Weiterbildung und Vernetzung gedacht. Den Start machte unser Kommunikationsteam mit einem Social Media-Workshop. Gemeinsam wurden Strategien erarbeitet, wie Ehrenamtliche mit Hilfe von Social Media auf ihre Arbeit aufmerksam machen können.
Im Anschluss gab es für die Sprecher*innen die Möglichkeit, unserem Ehrenamtsmanager Gentry Feedback für die bestehenden Fortbildungsmöglichkeiten zu geben. Am Abend tauschten sich die Aktiven in gemütlicher (Zoom-)Runde über laufende Projekte aus und pitchten neue Ideen. Von Projektabwicklungen in C2C-Bau-Projekten bis zur effektiven Talentnutzung im Ehrenamt waren viele spannende Projekte dabei, sodass sich schnell eine intensive Diskussion zwischen den Teilnehmenden entwickelte.
Input von Ralf Fücks und Jörg Witthöft
Der letzte Tag startete mit einem Ein- und Ausblick aus dem Head Office. Nora und Tim gaben eine Überblick darüber, was in diesem Jahr in der NGO passiert ist und was in den kommenden Monaten ansteht. 2020 war durch Corona sicherlich ein besonderes Jahr, trotzdem haben wir vieles zusammen erreicht und uns als Organisation weiterentwickelt. Im Anschluss gab es für die Aktiven die Möglichkeit in einem digitalen Vernetzungslunch das Team im Head Office kennenzulernen, Fragen zu stellen und mehr über die Arbeit der einzelnen Referate zu erfahren. Am Nachmittag hatten wir als Abschluss noch zwei besondere Gäste: Als erstes gab Jörg Witthöft, Leiter des ZF-Werks in Bielefeld, einen Input zu Cradle to Cradle in der Praxis. Der Autozulieferer und Technologiekonzern ZF Friedrichshafen ist eines der wenigen Industrieunternehmen, die C2C in der Praxis umsetzen. So produziert das Unternehmen beispielsweise LKW-Kupplungen nach Cradle to Cradle.
Als letzte Session stand eine Diskussion mit Ralf Fücks auf dem Programm. Der Gründer des Thinktanks Zentrum Liberale Moderne gab einen interessanten Input zur Frage, wie Umwelt-, Klima- und Ressourcenschutz mit der Freiheit unserer Gesellschaft vereinbar sind. Diese Session bildete den spannenden und informativen Abschluss der diesjährigen Akademie.
An dieser Stelle möchten wir uns noch einmal bei allen Teilnehmenden für die zahlreichen spannenden Diskussionen und Ideen bedanken! Ein besonderer Dank geht auch an Gentry für die Organisation und die Moderation der einzelnen Sessions. Die diesjährige Akademie hat erneut gezeigt, welche vielfältigen Anwendungsmöglichkeiten von Cradle to Cradle es gibt und was für Produkte bereits in der Praxis existieren. Wir freuen uns jetzt schon auf die nächste Akademie – dann hoffentlich wieder persönlich!